Animal Heroes: Esther Kef rettet Tiere aus höchster Gefahr

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Ihr Arbeitsplatz: die Krisenherde der Welt

Ihr Glück: jedes Tier, das überlebt

Was sie braucht: Geld für Flüge und Hände, die anpacken

Endlich – der Wachturm an der Grenze zu Israel kommt in Sicht. Esther Kef setzt einen Fuß vor den anderen. Angst hat sie keine, obwohl sie weiß, dass hier bereits geschossen wurde. Sie hat Wichtigeres im Kopf. Der Welpe in ihren Armen atmet nur noch flach und in einem Auge wimmelt es von Maden. Gefunden wurde das Tier auf der Straße in einem palästinensischen Geflüchtetencamp bei Bethlehem. Doch hier gibt es weit und breit keine Medikamente. Also hat Kef beschlossen, den Kleinen über die Grenze nach Israel zu tragen. Dort soll er versorgt und vermittelt werden.

Esther Kef ist Tierretterin und Gründerin der “Animal Heroes”: Verletzte Tiere aufnehmen, sie gesund pflegen, Geld sammeln für Futter und Medikamente, das macht die 46-jährige Niederländerin seit ihrer Kindheit in Zaandam nahe Amsterdam. “Schon mit zwölf hatte ich meine eigene kleine Organisation. Aber die war nie offiziell registriert”, sagt Kef. Diesen Business-Sinn habe sie von ihrem Vater, der damals ein Computer-Unternehmen startete. “Ich war begeistert von der Idee, eine Firma zu haben.”

Doch zunächst studiert Kef European Business Administration und arbeitet in der Pharmaindustrie, im Marketing, in der IT. “Mit dem Herzen dabei war ich aber nie”, erinnert sie sich. Dann lernt sie ihre spätere Frau kennen, eine italienische Pilotin, und gemeinsam ziehen sie in die Dolomiten. Dort gründet Kef ein Unternehmen, das zukünftige Pilot:innen auf den anspruchsvollen Auswahlprozess vorbereiten soll.

Animal Heroes
Animal Heroes arbeiten meistens dort, wo Chaos ist. Nicht ungefährlich!

Das tut Esther für die Tiere

2019 geht sie auf Weltreise. Beobachtet Wale, schwimmt mit Delfinen – und entdeckt ihre Tierliebe wieder. “Ich spürte vor allem, wie nah es mir geht, wenn Tiere – oft durch Menschenhand – leiden müssen.” Nach ihrer Rückkehr beginnt sie für eine niederländische Tierschutzorganisation zu arbeiten. Ihr Coaching für die Pilot:innen läuft parallel weiter und sichert ihr Einkommen.

Jahre später reist Kef mit der niederländischen Tierschutzorganisation erstmals in ein Kriegsgebiet: in die Ukraine. “Ich sah dort, wie sich Menschen, die selbst nichts mehr hatten, um Tiere kümmerten. Anstatt vor den Bomben zu flüchten, versorgten sie zurückgelassene Hunde.” Auch sonst seien es in Kriegen oder bei Naturkatastrophen stets Freiwillige, die sich um Tiere kümmerten. Denn Regierungen und Hilfsorganisationen hätten andere Prioritäten. Eine Ukrainerin habe sogar ein Pferd im Wohnzimmer untergebracht, um es vor Explosionen zu schützen, erzählt Kef. Solche Szenen hätten sie sehr berührt.

Ende 2022 gründet Kef schließlich eine eigene Organisation: die “Animal Heroes”. Über die Website beginnt sie Spenden zu sammeln für Tierretter:innen in Krisen- und Kriegsgebieten. Sofort nach der Gründung ist sie mit acht Mitstreitenden – auf eigene Kosten, denn es gibt noch nicht genug Spenden – beim Erdbeben in der Türkei und in Syrien im Einsatz. Sie befreit mit einer lokalen Rettungstruppe Tiere aus Ruinen, versorgt Wunden, organisiert Medikamente und Futter. Es folgen weitere Einsätze bei Bränden auf Rhodos oder Überflutungen in Italien. Immer zusammen mit Helfenden vor Ort. Dabei, so Kefs Beobachtung, bringe der Einsatz für Tiere sogar Menschen zusammen, die gerade miteinander Krieg führten. Etwa im Westjordanland, wo sie im Herbst 2023 gemeinsam mit Israelis und Palästinenser:innen verletzte Tiere behandelt.

Katze Behandlung
Esther Kef (M.) schaut zu, wie eine Katze behandelt wird. Sie hatte sie nach dem Erdbeben in der türkischen Provinz Hatay in den Trümmern gefunden.

Doch „Animal Heroes“ organisiert auch Spendenaktionen, ohne selbst vor Ort zu sein, und leitet die Gelder an Tierretter:innen in Krisengebieten weiter. 2023 kamen so 28 000 Euro zusammen, meist von Privatpersonen. Kefs eigenes Einsatzteam ist mittlerweile auf 15 Personen angewachsen. Sie leben in verschiedenen Ländern, monatliche Meetings finden digital statt. Und alle arbeiten auf Freiwilligenbasis. Auch Esther Kef zahlt sich selbst kein Gehalt aus. Zum Glück besitzt sie ein Apartment in Amsterdam, das sie vermietet. Dazu kommen Einkünfte aus dem Coaching und der Verdienst ihrer Frau, der zur Not beide ernährt. “Ich musste meinen Lebensstil schon etwas anpassen”, sagt Kef, “aber es lohnt sich. Und für Pasta reicht’s immer.”

Heftbox Brigitte Standard

Source: Aktue