Anti-Aging-Studie: Kann Cannabis unser Gehirn verjüngen – und uns?

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Diese Ergebnisse ihrer Studie hatte das deutsch-israelische Forschungsteam nicht erwartet: Die Behandlung mit Cannabis kann die Alterung des Gehirns rückgängig machen und entfaltet generelle Anti-Aging-Effekte. 

Cannabis – da denken viele sicher, (Achtung verallgemeinerndes Klischee!), an schlunzige Kiffer, die in den Tag hineinleben und nichts gebacken bekommen. Möglicherweise auch an die Warnungen von Fachleuten vor der schädlichen Wirkung der Droge auf das Gehirn von Heranwachsenden.

Eine Studie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) mit einem Team der Hebrew University in Jerusalem konnte nun nachweisen, dass  eine niedrigdosierte Langzeitgabe von Cannabis das Gehirn auch im Alter fit hält, ja sogar die Alterungsprozesse umkehren kann. Ein ganz bestimmtes Protein spielt dabei die Hauptrolle.

Bisherige Anti-Aging-Strategien wirken kontraproduktiv

Das Protein mTOR (Mechanistic Target of Rapamycin) reguliert Zellwachstum und Stoffwechsel. Dadurch beeinflusst es entscheidend die Alterung. Die Anti-Aging-Wirkung besteht darin, die mTOR-Aktivität zu verringern, das gelingt zum Beispiel durch Sport oder kalorienreduzierte Ernährung. Allerdings bilden sich bei reduzierter mTOR-Aktivität auch weniger neue Synapsen an den Nervenzellen. Dann büßt das Gehirn Leistungsfähigkeit ein. “Daher könnten Anti-Aging-Strategien, die auf der Verringerung der mTOR-Aktivität basieren, nicht nur unwirksam, sondern sogar kontraproduktiv gegen die Gehirnalterung sein”, erklärt Prof. Dr. Andreas Zimmer, Direktor des Instituts für Molekulare Psychiatrie am UKB. In ihrer aktuellen Arbeit haben die Forschenden nun offenbar eine Strategie gefunden, die dieses Dilemma lösen kann.

Der Schlüssel: THC

Eine frühere Studie des Forschungsteams belegte bereits, dass eine langfristige, niedrigdosierte Behandlung mit dem aktiven Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabiol (THC) bei alten Mäusen die kognitiven Fähigkeit und die Synapsendichte wiederherstellt. Unklar geblieben war jedoch, ob die mTOR-Aktivität damit zu tun hat. Die Antwort auf die Frage haben die Wissenschaftler:innen jetzt erneut im Versuch mit Mäusen gefunden: “Wir konnten nun zeigen, dass die Behandlung mit THC eine gewebeabhängige und doppelte Wirkung auf die mTOR-Signalübertragung und das Metabolom hat”, sagt Dr. Andras Bilkei-Gorzo vom Institut für Molekulare Psychiatrie am UKB, der auch an der Universität Bonn forscht. Das Metabolom ist das Netzwerk, das alle Reaktionen und Stoffwechseleigenschaften einer Zelle oder eines Gewebes zusammenfasst.

Doppelwirkung bringt den Anti-Aging-Effekt

“Wir kamen zu dem Schluss, dass eine langfristige THC-Behandlung zunächst eine kognitionsfördernde Wirkung hat, indem sie die Energie- und synaptische Proteinproduktion im Gehirn erhöht, gefolgt von einer Anti-Aging-Wirkung durch eine Verringerung der mTOR-Aktivität und der Stoffwechselprozesse in der Peripherie“, sagt Bilkei-Gorzo. Das bedeutet: THC bewirkt im Gehirn einen vorübergehenden Anstieg der mTOR-Aktivität und bestimmter Produkte, die an der Energieproduktion beteiligt sind. Das ermöglicht die Bildung neuer Synapsen, das die Gehirnleistung erhöht. Gleichzeitig kommt es aber insgesamt zu einer Verringerung der mTOR-Aktivität, ähnlich wie nach intensivem Sport und einer kalorienarmen Diät, was den generellen Alterungsprozess bremst.
Diese Erkenntnisse können nun Grundlage für Anti-Aging- und kognitionsfördernde Medikamente sein. Zukunftsmusik, die dennoch Hoffnung macht.
 

Source: Aktue