BRIGITTE-Studie 2024: Es gibt noch viel zu tun!

Aktuel

Vor allem bei zwei Themen hat sich seit den 1990er-Jahren wenig verbessert, finden viele. Und wünschen sich genau dort endlich wirksame Maßnahmen.

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Wo es noch hakt: Schutz vor Gewalt und Sexismus 

“Wie hat sich die Situation von Frauen in Deutschland seit den Neunzigerjahren verändert?“

So lautete eine zentrale Frage, die wir den Teilnehmenden unserer Studie gestellt haben. Für den Bereich “Schutz vor (sexualisierter) Gewalt” ist das Ergebnis ernüchternd und sticht damit auch klar heraus aus der sonst eher positiven Beurteilung der Fortschritte in vielen anderen Bereichen: 35% der Frauen finden, dass sich bei diesem Thema nichts verändert hat. 11% geben sogar an, die Lage habe sich verschlechtert. Unterschiede zwischen den Altersgruppen gibt es hier kaum. 

Und tatsächlich sind die Betroffenenzahlen hoch: Jede vierte Frau gibt an, selbst schon häusliche Gewalt erfahren zu haben, sprich: psychische oder körperliche Gewalt durch Familienmitglieder oder Partner:innen. Bei den Männern sagt das nur jeder siebte. Sexuell belästigt fühlten sich 63% der Frauen schon einmal, unter den Männern sind es nur 12%. Am häufigsten kommt es bei den Frauen zu Belästigungen im privaten Umfeld (51%), jede dritte fühlte sich schon mal im Job sexuell belästigt. Jede vierte Frau unter 30 Jahren, die mindestens einmal wöchentlich soziale Medien nutzt, hat dort zudem schon selbst Sexismus, Belästigungen oder Hassrede erlebt. Bei den jungen Männern berichtet nur jeder sechste von solchen Erlebnissen. 

Geht es um eigene Erfahrungen mit sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt, leben Frauen und Männer, egal welchen Alters, also noch in sehr verschiedenen Welten. Doch eines stimmt hoffnungsvoll: Das Problembewusstsein ist offenbar auch unter Männern ausgeprägt: Mehr als jeder dritte (37%) gibt in unserer Studie an, die Lage habe sich bei diesem Thema seit den Neunzigerjahren nicht verändert oder sogar verschlechtert. Kaum Zustimmung (Männer: 8%, Frauen: 6%) findet zudem die Täter-Opfer-Umkehr, etwa in der Aussage: “Frauen, die kurze oder aufreizende Kleidung tragen, sind selbst mit schuld, wenn sie belästigt werden.” 

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Wo es auch noch hakt: faire Bezahlung 

Auch was die faire Bezahlung von Frauen und Männern angeht, gibt es nach Meinung vieler Frauen kaum Fortschritte: 29% finden, dass sich hier seit den Neunzigerjahren nichts verändert hat oder die Lage sogar schlechter wurde. Besonders selten sehen Frauen über 60 Verbesserungen, vielleicht wegen der eigenen prekären Finanzlage als Rentnerin. Tatsächlich gibt in unserer Studie nämlich fast jede vierte der (noch nicht im Ruhestand befindlichen) Befragten an, mit einer Rente von maximal 1000 Euro zu rechnen – zu wenig für ein gutes Alter. 

Was zu tun ist: bessere Gehälter, bessere Gesetze 

Der allgemeine Wunsch nach Gleichstellung und Gerechtigkeit ist also groß. Mit der Schwerpunktsetzung der aktuellen Gleichstellungspolitik sind aber offenbar viele nicht einverstanden. 66% der Männer und 52% der Frauen finden: “Heutzutage wird es in manchen Bereichen mit den Gleichstellungsmaßnahmen übertrieben.” Doch welche Maßnahmen hielte die Mehrheit für geeignet, um Gleichstellung zu fördern? 

Hier sind sich Junge und Ältere, Frauen und Männer wieder sehr einig: Die meisten halten vor allem die gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit sowie höhere Löhne in den (traditionell eher weiblich besetzten) Pflege- und Bildungsberufen für sinnvoll. Auch bessere Möglichkeiten der außerfamiliären Kinderbetreuung, bessere Gesetze gegen sexuelle Belästigung und Gewalt, eine staatliche Entlohnung privater Sorgearbeit sowie – bei den Frauen – Kampagnen zur Sensibilisierung gegenüber Diskriminierung haben Zustimmungswerte von mehr als 70%. 

Weniger als 30% Zustimmung erfährt hingegen bei Männern wie Frauen eine geschlechtergerechte Sprache, bei der alle Geschlechter angesprochen werden. Bei den Männern landen zudem gesetzliche Quoten für Parlamente oder Unternehmen unter der 30%-Marke. 

Source: Aktue