Clare Carrington: Wie Claire Carrington Frauen hilft, neue Freundinnen zu finden

Aktuel

Ihre Mission: Spaziergänge für Frauen, die Anschluss suchen

Ihr Motto: allein kommen, gemeinsam gehen

Ihr Vorbild: Walking-Tours in NYC

Heftbox Brigitte Standard

Dass Clare Carrington, 28, einmal rund 200 Frauen zusammenbringen würde, wäre für sie vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen: “Ich war in meiner Kindheit sehr schüchtern.“ An diesem Sonntagvormittag in München ist davon nichts mehr zu spüren: Strahlend begrüßt Carrington – sie trägt den Nachnamen ihres englischen Vaters – die große Gruppe auf einem Plateau über der Isar zu einem Spaziergang entlang des Ufers. Dann geht es los: von Brücke zu Brücke und wieder zurück, knapp eine Dreiviertelstunde dauert das. Und in den Köpfender Menschen, die das am Wegesrand beobachten, rattert es sichtlich: Eine Demo ist das nicht … Aber was ist es dann?!

Wie Spaziergänge Leben verändern können

Für manche der Frauen ist es vielleicht nur ein recht kurzer Spaziergang. Für die meisten aber ist es mehr: Mit ihrem kostenlosen Event ermöglicht es Clare Carrington den Teilnehmerinnen, neue Kontakte zu knüpfen, die das Leben verändern können. Es ist ein bisschen wie beim Onlinedating: Man ist da, weil man das Gleiche sucht. Diese Transparenz und die entspannte Spaziergangssituation macht es auch zurückhaltenderen Menschen leicht, wie nebenbei ins Gespräch zu kommen. Die meisten Frauen sind zwischen 20 und 35 Jahre, aber auch ältere finden hier Anschluss. “Viele sind neu in der Stadt oder auf der Durchreise. Andere sind in einer Phase des Umbruchs oder haben Lust, in einem Safe Space wie diesem neue Leute kennenzulernen.“ Carrington selbst hält sich dabei eher im Hintergrund: Sie verkündet vorab lediglich auf dem Instagram-Account “munichgirlstalkingwalking“, wann und wo es losgeht – meist ist das jeden zweiten Sonntagvormittag an der Isar oder im Englischen Garten – und läuft dort dann als Wegweiserin voran.

Dass die Organisation dieser Events viel Aufwand bedeutet, hat Carrington nur erahnen können. Inzwischen erlaubt sie sich nur noch maximal eine Stunde pro Tag, um die kommenden Walks anzukündigen, Reels zu erstellen, Anfragen und Kommentare zu beantworten. Denn Eventmanagement gehört nicht zu ihrem beruflichen Portfolio: Sie ist Betriebswirtin und arbeitet als Senior Taxmanagerin in einer internationalen Steuerabteilung. Ein Job, bei dem sie sich häufig mit fremden Menschen austauschen muss. “Nachdem ich oft bewusst meine Komfortzone verlassen habe, ist mein Selbstbewusstsein enorm gewachsen. Inzwischen liebe ich es total, mit neuen Leuten zu interagieren“, sagt Carrington.

Clare Carringtons Inspiration: “Das war so hilfreich, dass ich dieses Format unbedingt auch in München anbieten wollte.“

Der Job war es auch, der sie zu den Spaziergängen inspirierte: Im letzten Herbst und Winter war sie für vier Monate im New Yorker Office ihrer Firma. Um nach Feierabend nicht einsam durch die riesige Stadt zu streifen, suchte sie aktiv Anschluss – und lernte über den Account “citygirlswhowalk“ der Fitness-Influencerin Brianna Joye Kohn das Walking-Konzept kennen. Dass dort nur Spaziergängerinnen unterwegs sein würden, war Carrington sehr recht: Sie wollte sich eine Gruppe mit Freundinnen aufbauen und hatte keine Lust, versehentlich auf irgendeiner Datingschiene zu landen.

Schon die erste Frau, die Carrington bei ihrem Debüt im Big Apple zufällig ansprach, war ein Volltreffer. Noch am gleichen Abend ging sie mit ihr zu einer Drohnenshow in den Central Park, ein paar andere Frauen, mit denen sie sich beim Walk unterhalten hatten, kamen auch gleich mit. Innerhalb kürzester Zeit konnte sich Carrington so einen spannenden Bekanntenkreis in NYC aufbauen. “Das war so hilfreich, dass ich dieses Format unbedingt auch in München anbieten wollte.“ Weil sie gerne die Ärmel hochkrempelt, war es schon fünf Tage nach ihrer Rückkehr so weit. Carrington rechnete mit ungefähr 20 Spaziergängerinnen. Es kamen fast zehnmal so viele. Seitdem sind es nur bei schlechtem Wetter weniger.

Dass sich viele nach solchen offenen Begegnungen und analogem Austausch sehnen, zeigt auch eine Studie von 2023: Fast die Hälfte der Befragten zwischen 18 und 69 Jahre wünscht sich mehr Kontakt, ein Viertel fühlt sich sogar sehr einsam. Kein Wunder also, dass Carringtons Initiative so einschlägt: Frauen in rund 30 weiteren deutschen Städten haben sich inzwischen davon inspirieren lassen – aber auch jenseits der Grenzen zieht die Idee Kreise, zum Beispiel in Lyon und Budapest. Unter Spaziergängerinnen ist man eben weniger allein.

Heftbox Brigitte Standard

Source: Aktue