Ernährung: Wie ungesund ist Kaffee nach dem Aufstehen?

Aktuel

Kaffee am Morgen soll den Cortisolspiegel in die Höhe schnellen lassen und dadurch ungesund sein. Doch ist das wirklich so? Ernährungsexperten sehen den Social-Media-Trend kritisch.

Für viele Menschen ist die Tasse Kaffee ein fester Bestandteil ihrer Morgenroutine. Frisch aufgebrüht, verströmt der Wachmacher einen besonderen Duft und weckt so Körper und Geist. Klingt nach dem perfekten Start in den Tag – oder etwa doch nicht?

In den sozialen Netzwerken häufen sich Aussagen wie: “Warte bis zum ersten Kaffee 90 Minuten nach dem Aufstehen, sonst schießt dein Cortisol rauf und das ist ungesund”, oder “Wenn du einen Kinderwunsch hast oder unter PMS leidest, lass es wegen des Cortisols lieber sein mit dem Kaffee”. Auch Müdigkeit, Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme, Konzentrationsstörungen, schlechten Schlaf, Blähungen oder Haarausfall werden dort mitunter einem hohen Cortisolspiegel zugeschrieben.

So mancher Kaffeefan ist dadurch bereits ohne Koffein intus in heller Aufruhr und vor allem verunsichert. Auch Ernährungsexperten sind alarmiert – ihr Cortisolspiegel steigt jedoch nicht aufgrund des Kaffeekonsums, sondern infolge von Falschinformationen im Netz.

Kaffee-Angst am Morgen ist unbegründet

“Regelmäßig Kaffee direkt nach dem Aufstehen zu trinken, hat keine negative Wirkung auf den Cortisolspiegel”, beruhigt Dr. med. Julia Fischer ihre Instagram-Community. Sie sieht den Cortisoltrend aber aus noch einem anderen Grund kritisch: “Es klingt so, als könnte jedes Problem des Alltags durch einen niedrigen Cortisolspiegel gelöst werden. Eine echte Cortisolerhöhung kann jedoch ernste Ursachen haben. Viele Tipps verharmlosen das total. Einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen klingen super, können aber gefährlich werden.”

Neben Kaffee hätten auch andere Lebensmitteln keinen Einfluss auf den Cortisolspiegel im Blut. Sehr wohl aber stünden Ernährung und Stress in komplexer Verbindung, so Fischer. Stress könne einen negativen Effekt auf das Essverhalten haben, sodass eine ausgewogene Ernährung dem Körper wiederum dabei helfe, besser mit Stress umzugehen. “Der Fokus auf einzelne, bestimmte Nahrungsmittel ist hier aber Unsinn”, urteilt die Ärztin.

Zum Trend, den Kaffee aufgrund eines steigenden Cortisolspiegels nicht direkt nach dem Aufstehen zu trinken, hat auch Ernährungsmediziner Prof. Dr. Martin Smollich eine klare Meinung: “Das ist völliger Quatsch. Einige Studien zeigen zwar, dass Kaffee den Cortisolspiegel minimal ansteigen lässt – viele andere Studien jedoch zeigen überhaupt keinen Effekt. Wäre Kaffee direkt nach dem Aufstehen wirklich ungesund, würde man das in den riesengroßen Kaffeestudien sehen und genau das ist nicht der Fall.” Außerdem sagen einzelne Laborwerte, wie der des Cortisolspiegels, erstmal nichts über die Gesundheit insgesamt aus, so Smollich in seinem Instagram-Video weiter.

Cortisol: Die Sache mit dem Stress

Cortisol ist ein Stresshormon und wird in der Nebennierenrinde produziert. Es regelt beispielsweise den Schlaf, den Fettstoffwechsel und ist an der Infektabwehr beteiligt. Kurzfristige Erhöhungen des Cortisolspiegels, etwa durch intensive Sporteinheiten seien jedoch nicht schädlich, wie Dr. Julia Fischer erklärt: “Im Gegenteil. Durch dieses Training werden wir dauerhaft stressresistenter”. Was jedoch ungesund sei: dauerhafter, chronischer Stress.

Teaser Artikel paco linklist Raus aus dem Stress

Damit dieser gar nicht erst entsteht, ist es wichtig, sich bewusst Pausen im Alltag zu nehmen. So kann der Körper regenerieren und entspannen. Diese kleinen Ruheoasen sind für jeden Menschen individuell: Sport, Kochen, Freunde treffen, eine gute Schlafhygiene, Entspannungstechniken wie Meditation und Achtsamkeit – all das trägt dazu bei, das Stresslevel im täglichen Leben, und damit den Cortisolspiegel, langfristig zu senken. Zum Abschluss der Kaffee-Cortisol-Thematik möchte Ernährungsmediziner Smollich seiner Community noch unbedingt eines mit auf den Weg geben: “Trinke deinen Kaffee wann du willst und wann er dir gut tut.” Darauf erstmal ‘nen Kaffee …

Verwendete Quellen: instagram.com/dr.juliafischer, instagram.com/ernmedblog

Source: Aktue