Freundschaftskummer: Meine (beste) Freundin hat sich von mir getrennt

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Während Trennungen in Liebesbeziehung immer wieder besprochen werden und Gegenstand in Serien, Filmen und Büchern sind, sieht das mit Freundschafts-Break-ups anders aus. Dabei sind die nicht weniger schmerzhaft. Unsere Autorin erzählt, wie sie damit umgegangen ist, dass ihre beste Freundin Schluss gemacht hat.

Letztes Wochenende hat mich ein Post auf Instagram innerlich ins Wanken gebracht. Meine beste Freundin aus der Schulzeit hat sich verlobt. Fast 15 Jahre lang sind wir zusammen durch Höhen und Tiefen gegangen. Wir haben zusammen das erste Bier getrunken, den ersten Kuss erlebt und uns gegenseitig über den ersten Liebeskummer hinweggetröstet. Schon damals haben wir uns unsere Hochzeiten ausgemalt und darüber fantasiert, welche Kleider wir tragen werden. Bei Sims, dem Computerspiel, haben wir unsere Traumhäuser nebeneinander gebaut, in der Hoffnung, dass genau das später einmal Realität wird.

Sie heiratet also bald  – und ich werde weder Trauzeugin sein, noch Brautjungfer, höchstwahrscheinlich werde ich nicht einmal eingeladen. Der Gedanke verletzt mich, obwohl wir schon seit vielen Jahren Funkstille haben. Nach dem Abitur wollten wir gemeinsam nach Köln ziehen zum Studieren. Doch daraus wurde nichts. Denn sie hat sich irgendwann einfach nicht mehr bei mir gemeldet. Den Begriff ghosting gab es damals noch nicht. Er beschreibt aber ziemlich genau, was passiert ist. Sie hat auf meine vielen Nachrichten und Anrufe nicht mehr reagiert – und ist ganz leise und plötzlich aus meinem Leben verschwunden.

Wieso redet niemand über Freundschaftsherzschmerz?

Die meisten Freundschaften enden nicht so abrupt wie meine. Menschen entwickeln sich und leben sich auseinander, das ist ganz normal. “Lebensumstände und -Situationen können sich so verändern, dass es zu dem, wie die Freundschaft bisher war, nicht mehr passt”, bestätigt auch Ulrike Scheuermann, Psychologin und Autorin von “Freunde machen gesund” gegenüber Stern.

In einem solchen Fall ist das Ende der Beziehung vielleicht mit einer weniger großen Trauer verbunden, natürlich empfindet das aber jede:r anders. Man denkt bisweilen nostalgisch und wehmütig an die guten Zeiten zurück, aber ein schleichender Trennungsprozess ist nicht mit dem Herzschmerz vergleichbar, der entsteht, wenn sich eine Person auf einmal nicht mehr meldet oder aktiv die Freundschaft beendet. Denn die Frage nach dem “Warum” wird ohne klärendes Gespräch vermutlich lange bleiben und uns verfolgen wie ein Geist.

Break-ups unter Freund:innen 

So ein abrupter Schlusspunkt einer Freundschaft kann teilweise sogar schlimmer als das Ende einer romantischen Beziehung. “Soziale Beziehungen sind selten so klar abgegrenzt und genau definiert, wie man es sich allgemein hin vorstellt. Die Übergänge von Partnerschaft zu Freundschaft sind also mehr oder weniger fließend”, sagt Scheuermann und fügt hinzu, “Eine Freundschaft kann tiefer und vertrauter sein, weil man zum Beispiel mehr und Gefühle und Persönliches teilt als in einer Partnerschaft.”

Kaum verwunderlich also, dass es wehtut, wenn eine Freundin oder ein Freund ungewollt aus unserem Leben verschwindet. Das Vermissen kann einen waschechten (Freundschafts-)Liebeskummer auslösen; Freund:innen sind gleichermaßen Beziehungspersonen. Dass dieser Schmerz medial kaum abgebildet wird, hat damit zu tun, dass in der Gesellschaft Paarbeziehungen eher in den Fokus gerückt werden – und so vermeintlich relevanter erscheinen.

Es ist okay, traurig zu sein

Es scheint kein gesellschaftlich akzeptierter Grund für Trauer zu sein, wenn die beste Freundin Schluss macht. Trennt sich hingegen der:die Partner:in, steht direkt jemand mit Maxi-Packung Eis und einer Box Taschentücher vor der Tür. “Die Gesellschaft räumt der freundschaftlichen Beziehung nicht die emotionale Bedeutung ein, die sie eigentlich hat”, erklärt auch die Expertin. 

Oftmals werden sie als nettes i-Tüpfelchen dargestellt, das man nicht unbedingt benötigt. Dabei ist wissenschaftlich längst bewiesen, dass sich Freundschaften positiv auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit auswirken. Für viele Menschen sind Freund:innen auch so etwas wie eine chosen family, also eine selbst gewählte Familie.

Ich wünsche mir, dass wir Freundschaften nicht mehr wie Beziehungen zweiter Klasse behandeln, sondern ihnen die Wichtigkeit einräumen, die ihnen zusteht. Mir hätte das in meinem Trauerprozess geholfen, denn ich habe damals, als ich meine beste Freundin “verloren” habe, gar nicht verstanden, dass es okay ist, verletzt zu sein. Beim nächsten Freundschaftsliebeskummer in meinem Umfeld stehe ich mit Eis und Schokolade vor der Haustür.

Source: Aktue