Ich kann schlecht streiten – du auch?: Das hilft mir, besser mit Konflikten umgehen zu können

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Ich finde Harmonie und Ruhe super – mit Streit kann ich so gar nichts anfangen. Und doch ist mir natürlich bewusst, dass ich mich nicht vor jeder Auseinandersetzung drücken kann. Eigentlich will ich das auch nicht, denn meine Meinung zählt genauso viel wie die meines Gegenübers, das weiß ich. Deshalb habe ich mir selbst einen Drei-Schritte-Plan aufgestellt.   

Wenn ein Streit aufkommt, neige ich zu drei Möglichkeiten: Ich gebe nach, sodass gar kein richtiger Konflikt aufkommt. Ich schmolle, mein Gegenüber bekommt ein schlechtes Gewissen und irgendwie ist dann alles wieder gut. Oder ich ziehe mich zurück, spreche erst mal nicht mit der anderen Person und spätestens am nächsten Morgen geht der Alltag weiter, der Streit ist vergessen. Natürlich komme ich so durchs Leben und könnte diese Strategien immer weiter verfolgen – doch am Ende ist so gut wie nie der Kern des Streits geklärt. Mit drei Regeln versuche ich heute besser mit Konflikten umzugehen. Bisher mit Erfolg. 

Drei-Schritte-Plan für “gute” Konflikte 

1. Ich darf Abstand nehmen, aber ein klärendes Gespräch ist ein Muss

Ich muss nicht sofort auf eine beginnende Diskussion eingehen, denn ich weiß, dass ich dann eher emotional statt rational reagiere. Doch die wichtigste Regel ist mittlerweile für mich: Ich darf mich nicht länger als zwei Stunden zurückziehen. Natürlich gibt es Ausnahmen, wenn ich oder mein Gegenüber zum Beispiel einen wichtigen Termin haben. Doch prinzipiell suche ich entweder direkt das Gespräch, wenn ich mich dazu bereit fühle, oder tue das nach maximal zwei Stunden. In dieser Zeit sind meiner Erfahrung nach die Emotionen bei mir und der anderen Person so gut heruntergefahren, dass wir den Streit vernünftig miteinander klären können.

2. Ich denke an Situationen, in denen ich erfolgreich meine Meinung vertreten habe

Während ich mir erst mal diese Zeit für mich nehme, versuche ich mich nicht mehr ausschließlich abzulenken. Oft habe ich direkt einen Film geguckt oder ein Buch gelesen, wollte aus der Realität, in der ich mit einem Streit konfrontiert war, entfliehen. Heute probiere ich mental bei mir zu bleiben, zu ergründen, was mich aufregt oder traurig macht und welche Lösungen für mich infrage kämen. Und ganz wichtig: Ich rufe mir vergangene Situationen in Erinnerung, in denen ich einen Streit klären konnte, möglicherweise auch meinen Standpunkt durchgesetzt habe, wobei das natürlich keine grundsätzliche Gegebenheit bei einem Konflikt ist. Aber ich denke daran, wie gut sich die bisherigen Versöhnungen angefühlt haben. Und mit dieser geschöpften Kraft und Motivation gehe ich ins klärende Gespräch.

3. Das Gespräch muss aktiv und in mehreren Blickwinkeln erfolgen

Die Grundregeln für mein Konfliktgespräch sind wahrscheinlich Niemandem neu: 

  • Wir sprechen aktiv, das heißt, wir machen nichts nebenbei: kein kochen, putzen oder was auch immer.
  • Wir lassen uns ausreden.
  • Alle Aussagen werden in der Ich-Perspektive formuliert.
  • Es sollen sich keine Vorwürfe an den Kopf geschmissen, sondern eigene Empfindungen geschildert werden (“Ich nehme wahr, …”, “Auf mich wirkt es, …”).
  • Wir versuchen beide Seiten zu verstehen, vielleicht sogar weitere zu finden und die Situation aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.
  • Wenn es der Streitpunkt anbietet, schreiben wir zusammen eine Pro- und Kontra-Liste.

Vor allem letzteres hat mir und meinem Gegenüber schon in der einen oder anderen Situation geholfen. Außerdem frage ich oft: “Was brauchen wir, um den Konflikt zu lösen, sodass wir beide damit fein sind?” Dann können wir das gemeinsam erarbeiten. Wobei auch das natürlich seine Grenzen hat – wollen wir beide unsere Meinung durchsetzen und sind nur zufrieden, wenn die andere Person sie übernimmt, ist es schwierig. Vielleicht kann aber auch die Lösung sein, dass beide ihre Meinung weiter vertreten, durch gute Pro- und Kontra-Argumente aber auch die Gegenseite verstehen? 

Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass es nicht immer eine einheitliche Meinung sein muss, die einen Streit löst, sondern auch lediglich die Akzeptanz und das Verständnis fürs Gegenüber dazu führen können. Und im Zweifelsfall, wenn gefühlt kein Ende in Sicht ist, frage ich: “Wie wichtig ist uns das eigentlich gerade wirklich?” Und spätestens dann merken wir in der Regel, dass es andere Dinge gibt, die viel relevanter sind – lachen über uns selbst und finden es viel schöner, wenn der Streit zu Ende ist. 

Source: Aktue