Laut werden!: Kampagne gegen Altersdiskriminierung im Job: "Ohne uns seht ihr alt aus"

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Mit Anfang 20 fehlt ihr die Erfahrung, mit 30 wird sie vielleicht schwanger und ab Mitte 40 ist sie unsichtbar: Eine Frau zu sein, heißt auch, Benachteiligung zu erfahren. Wegen des Geschlechts, aber auch wegen des Alters. Eine Kampagne will das ändern. 

Man möchte glauben, Frausein sei heutzutage gar kein Problem mehr. Dass es das ist, wurde mir kürzlich erst wieder bewusst, als ich die Kommentare von überwiegend männlichen Schreibenden unter einem Posting anlässlich des Equal Care Days las: Frauen sollen doch bitte leiser weinen, Hausarbeit sei doch keine Arbeit, außerdem wechselten Männer dafür schließlich zweimal im Jahr die Reifen – ebenfalls unbezahlt. Mental Load gebe es gar nicht und außerdem verdiene der Mann ja schließlich im Gegenzug das Geld. 

Ah ja … Geld verdienen würden Frauen auch gern. Doch oft will man sie weder so gut bezahlen wie die Männer, noch auf gleichrangigen Positionen einstellen oder befördern. Ein Grund dafür: ihr Alter. 

Zu jung, zu gebärfähig, zu alt

Frisch aus der Ausbildung oder von der Uni mit 20 hören Frauen oft, sie seien noch zu jung, um Verantwortung zu übernehmen, ein paar Jahre später, mit mehr Erfahrung drohen dann Familiengründung und Schwangerschaft, darauf folgt logischerweise die Phase, wo die Kinder klein sind. Doch sind die dann groß, sind Frauen auch schon unsichtbar für den Arbeitsmarkt geworden. 

Dabei sind es genau die Frauen, die jetzt wieder durchstarten wollen, die mit Mitte 40 reich an Erfahrung, Wissen und Expertise nach neuen Herausforderungen suchen, sich weiterbilden und was reißen wollen. Doch werden sie oft zu Bewerbungsgesprächen gar nicht eingeladen, sofern sie denn eine Antwort erhalten. Die Spanne, um auf dem Arbeitsmarkt ernst genommen zu werden, ist dementsprechend kurz.

Frauen nicht einzustellen, schadet der Wirtschaft

Gründe genug, jetzt endlich laut zu werden und Aufmerksamkeit für Frauen 47+ zu schaffen, dachte sich die Publizistin und Leiterin des Online Magazins “Palais F*luxx” Silke Burmester und startete am 1. März die Kampagne “Ohne mich würdet ihr alt aussehen”. Damit will sie Aufmerksamkeit für die rund 11,5, Millionen Frauen in Deutschland schaffen, die aktuell zwischen 40 und 59 Jahre alt sind. 

Unterstützung erfährt die Kampagne auch von der Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung Ferda Ataman: “Frauen ab Mitte 40 brauchen keine Anti-Aging-Tipps oder vermeintliche Komplimente. Sie brauchen ein Umfeld, das sie wertschätzt und nicht diskriminiert. Leider zeigen mehr als 700 Fälle aus der Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Frauen in dieser Altersgruppe werden noch oft benachteiligt”, sagte sie am Donnerstag in Berlin zum Auftakt der Kampagne. “Frauen werden wegen ihres Alters nicht eingestellt, bei Beförderungen übergangen oder bei Fortbildungen ‘übersehen’. Das ist nicht nur diskriminierend, sondern schadet unserer Wirtschaft. Der Personalmangel kostet uns jährlich Milliarden. Unternehmen sind gut beraten, Frauen ab Mitte 40 stärker einzubinden und Altersdiskriminierung abzubauen. Denn ohne sie sieht unser Arbeitsmarkt alt aus.”

Alterdiskriminierung – Gibts das auch bei Männern?

Altersdiskriminierung ist nicht nur ein Frauenthema, auch Männer haben es mit fortschreitenden Jahren schwerer einen Job zu finden. Oft sind die Umstände dennoch anders. “Die Arbeitsbiografie sieht in der Regel anders aus, als bei Frauen. Er hatte meist viel bessere Aufstiegschancen, verdient besser, hat nicht den Karriereknick Kind. Außerdem werden ältere Männer viel positiver attribuiert. Sie gelten als reif, als erfahren. Das sind die Senioren, die für das geschätzt werden, was sie mitbringen. Ältere Frauen gelten als verbraucht. Da ist eine sehr große Diskrepanz in der Lesart von älteren Männern und Frauen, die an sich schon diskriminierend ist.” erklärt Silke Burmester im Gespräch mit tagesschau24. 

Die Unabhängige Bundesbeauftragte legt seit ihrem Amtsantritt einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema Altersdiskriminierung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts erleben 14 Prozent der 45- bis 54-jährigen Frauen Diskriminierung am Arbeitsplatz. Das sind mehr als in jeder anderen Altersgruppe. 

Wichtig sei es deshalb nicht nur, die Wirtschaft dafür zu sensibilisieren, welches Potenzial verschwendet wird. Gleichzeitig bedarf es auch einer Sensibilität der Unternehmen dafür, dass ältere Arbeitnehmer:innen ein anderes Arbeitsumfeld brauchen als junge, um bestmögliche Arbeit zu leisten, so Burmester.

 

Verwendete Quellen: Tagesschau.de, antidiskriminierungsstelle.de

 

Source: Aktue