Liebessprachen-Lüge: Warum es völlig egal ist, ob ihr die gleiche Love Language sprecht

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Welche Love Language sprichst du? Die sogenannte Liebessprache galt die letzten Jahre als Schlüssel für eine glückliche Beziehung – oder Erklärung für eine scheiternde. Eine neue Studie erinnert uns: so einfach ist die Liebe dann doch nicht.

“Liebessprache: Berührungen” oder “words of affirmation” steht unter den bunten Bildern, die ich munter hin und her wische. Ich treibe mich gerade viel auf Dating-Apps herum, glücklicherweise nicht für mich selbst. Swifties würden wohl sagen, ich bin in meiner Kupplungs-Ära. Selbst erfolgreich jemanden gefunden, nehme ich nun Anfragen für Profilerstellungen an. Ich mache private Online-Dating-Beratung und ich liebe es. Eine meiner favorisierten Funktionen dabei: manche Portale ermöglichen es mittlerweile, andere Person mit einem personalisierten Link über potenzielle Partner:innen abstimmen zu lassen. Und dort fallen sie mir auf, die fünf magischen Wörter, die immer wieder in Profilen auftauchen. 

Es handelt sich um die fünf Sprachen der Liebe. Die These lautet, dass jeder Mensch eine von fünf Liebessprachen fließend spricht, also quasi eine Muttersprache hat, über die er:sie Liebe sendet und empfängt. Die wurden bereits 1992 vom Psychologen Gary Chapman in einem gleichnamigen Buch definiert und lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Worte der Anerkennung 
  • Zeit zu zweit
  • Geschenke
  • Gegenseitige Unterstützung 
  • Körperliche Berührungen

In den Datingprofilen versuchen die Liebessuchenden also, von vornherein klarzustellen, welche Sprache sie sprechen. Das rührt nicht zuletzt daher, dass die “Love Languages” in den letzten 20 Jahren nochmal einen regelrechten Aufschwung erlebt haben. In sozialen Medien, aber auch Büchern, Filmen und Beziehungsratgebern tauchen die Sprachen auf, dienen als Erklärung für das, was wir sonst schlecht in Worte fassen können, wie Liebe entsteht und vergeht.

So sehr ich die Suche nach dem Schlüssel für eine funktionierende Beziehung verstehe, so sehr muss ich euch enttäuschen: die Liebessprache ist es nicht. Das hat nun eine Studie ergeben, die von Emely A. Impett und ihrem Team an der University of Toronto durchgeführt wurde. Darin prüften die Forscher:innen mehrere Thesen der fünf Sprachen der Liebe auf ihre Richtigkeit. Eine davon: wer die gleiche Liebessprache spricht, führt die besseren Beziehungen.

Das Ergebnis dürfte viele überraschen. Denn diese These konnte nicht bestätigt werden. Die Forscher:innen fanden keinen signifikanten Zusammenhang zwischen einer zusammenpassenden Liebessprache und der Beziehungszufriedenheit heraus. 

Das stellt nun natürlich die gesamte Social-Media-Online-Dating-Welt derer auf den Kopf, die auf Basis von Chapmans Liebessprachen-Theorie bislang die große Liebe suchten – oder aber eine Erklärung dafür, wieso bisherige Liebeleien scheiterten. Die Popularität der Love Languages verdeutlicht wiederum, wie sehr wir Menschen uns nach dem Schlüssel zu langen, glücklichen Beziehungen sehnen. Da wir allerdings alle individuelle Schlösser haben, dürfte der Universalschlüssel kaum existieren. Das ist kein Grund zum Verzagen: dafür haben die Forscher:innen aus Toronto nämlich auch eine Lösung parat: einfach einen ganzen Schlüsselbund parat halten.

Nährwerte-Prinzip löst Liebessprachen ab

Aus den Studienergebnissen ziehen die Wissenschaftler:innen zwei Schlüsse: die Menschen sehnen sich danach, Beziehungen zu verstehen, um sie zu verbessern. Hier sind Expert:innen wiederum gefragt, Studien in der Beziehungsforschung verständlich und alltagsnah zu übersetzen. Und als Schlussfolgerung dieser beiden Aspekte präsentieren Impett und ihr Team wiederum das “Nährwerte-Prinzip”.

Laut Impett sei es eben nicht nur eine gemeinsame Liebessprache, die eine glückliche Beziehung verspricht, sondern eine Vielzahl an Zutaten, die für Zufriedenheit sorgen. Diese könne man sich ähnlich einer ausgewogenen Ernährung vorstellen: die Liebe braucht nicht nur eine Art, Zuneigung zu zeigen, sondern viele verschiedene Nähwerte, um gesund zu altern. 

Man kann sich die fünf Sprachen der Liebe also als unterschiedlichste Zutaten oder Nährstoffe vorstellen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten einer Beziehung eine übergeordnete Rolle spielen. Ist eine Frau schwanger, braucht sie Folsäure. Ist ein Part der Beziehung gestresst, braucht er besonders viel Berührung. In einer anderen Lebensphase können die Bedürfnisse wiederum ganz anders aussehen. 

Die Forscher:innen versuchen über diese etwas abstrakte Metapher, ihr Ergebnis auf den Rat herunterzubrechen, der auf jedem Nahrungsergänzungsmittel zu finden ist: ein einzelner Stoff ersetzt keine ausgewogene Ernährung. Und so ist eine gemeinsame Love Language kein alleiniger Garant für eine zufriedene Beziehung. Vielmehr hilft es, den Wortschatz aller Liebessprachen zu kennen – und sich flexibel daraus zu bedienen. Je nachdem, welche Nährstoffe die Liebe gerade braucht.

 

Source: Aktue