Psychologie: Sätze, die Eltern emotional intelligenter Kinder vermeiden

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Wer emotional intelligente Kinder erziehen möchte, kommuniziert als Elternteil emotional intelligent – und vermeidet hierbei folgende Aussagen.

Wenn wir von emotionaler Intelligenz sprechen, meinen wir die Fähigkeit, die Emotionen anderer Menschen zu erkennen sowie die eigenen Gefühle erfassen, benennen und steuern zu können. Doch wichtig dabei im Hinterkopf zu haben: Damit ist nicht gemeint, sich von den eigenen Emotionen distanzieren zu können, um einen “klaren Kopf” zu bewahren. 

Denn schließlich hat es wenig mit Intelligenz zu tun, keinen Zugriff zu den eigenen Gefühlen zu haben, genauso wenig wie den Emotionen vollkommen ausgeliefert zu sein. Als Eltern möchten wir unseren Kindern die Werkzeuge mit auf den Weg geben, die ihnen dabei helfen, ihre Gefühle spüren, einordnen und beschreiben zu können. Doch wie kann das gelingen? 

Ein Schlüssel hierfür ist die Art und Weise, wie wir selbst mit unseren Kindern sprechen. Die Neuropsychologin Julia DiGangi verrät in einem Artikel auf “Make it”, welche Sätze Eltern von emotional intelligenten Kindern lieber vermeiden – und welche sie stattdessen verwenden.

“Warum hörst du nicht?”

Wenn wir Geschichten aus der Kindheit unserer eigenen Eltern und Großeltern hören, schien der damalige gesellschaftliche Konsens vor allem zu sein, dass Kinder zu “funktionieren” haben. Dass es sich bei ihnen um Menschen mit eigenen Bedürfnissen handelt, war zu früheren Zeiten in vielen Familien kein Thema – was heutzutage glücklicherweise anders ist. Trotzdem passiert es natürlich auch heute noch, dass wir ein “bockiges” Kind vor uns haben und ganz frustriert sind, weil wir nicht das Gefühl haben, zu ihm durchzudringen. Es ist einfach stur und hört nicht! Oder könnte es einen anderen Ursprung geben?

“Die Gehirne von Kindern sind auf Autonomie und das Bedürfnis ausgelegt, die Welt auf der Grundlage ihrer eigenen Identität zu erkunden”, erklärt die Neuropsychologin. Zweitrangig ist hierbei – zum Glück – die Vorstellung, wie sie sich zu verhalten haben und wer sie sein sollen. Doch genau an dieser Stelle kommt es zu Reibungspunkten. Anstatt jedoch bei einem augenscheinlich eigensinnigen Kind zu fragen, warum es nicht höre, rät die Wissenschaftlerin dazu, sich als Elternteil zu fragen: “Habe ich dir zugehört?”

“Du bist respektlos!”

Wo wir gerade die Nostalgiebrille aufhaben: Damals, da hat man die eigenen (Groß-)Eltern auch noch respektiert! Da wurden keine Widerworte gegeben, da wurde gesputet. Dem ist heutzutage in den meisten Familien nicht mehr so – zumindest nicht aus den Gründen, die es damals gab, nämlich der Angst vor einem Schlag oder anderen Formen von Gewalt. Wenn Kinder sich sicher und geliebt fühlen, seien sie besser in der Lage, “ihre Stimme zu finden und sich die Welt selbst zu erschließen”, erklärt Psychologin Emily Loeb im Interview mit “The New York Times”. Die Herausforderung bestehe darin, die Lebhaftigkeit der Kinder – und etwaige deutliche Widerworte – nicht grundsätzlich als etwas Schlechtes zu interpretieren, so die Wissenschaftlerin weiter, sondern als “einen wichtigen und notwendigen Prozess”.

Kinder, die gegenüber Erwachsenen immer respektvoll, folg- und gehorsam sind, haben nicht selten Angst vor jenen Erwachsenen – und können nicht aufblühen. Studien zeigen, dass sich wahrgenommener psychologischer Druck vonseiten der Eltern negativ auf die Psyche der Kinder auswirkt – ein höheres Risiko von Angstzuständen, Depressionen und ein vermindertes Selbstwertgefühl können die Folge sein. Natürlich soll es nicht darum gehen, dass das Kind einen Freifahrtschein bekommt und Eltern und Mitmenschen munter beleidigen oder gar angreifen darf. Gleichzeitig ist eben auch nicht das Ziel, das Kind zu unterdrücken und einzuschüchtern.

Neuropsychologin DiGangi rät dazu, anstatt über das Kind voreilige “und katastrophale” Schlüsse über das Verhalten zu ziehen (“Mein Kind ist respektlos”), lieber mit Offenheit und Neugierde an den Nachwuchs heranzutreten. Es solle darum gehen, ausdrücklich die Bereitschaft zum Zuhören zu bekräftigen. Schließlich würden die Gefühle unserer Kinder auch auf uns abfärben: Sind sie verunsichert, seien wir es auch, so DiGangi. “Wenn also große Gefühle aufkommen, ist es ganz natürlich, dass man die Gefühle des eigenen Kindes kontrollieren will, indem man sagt, es solle ruhig sein, sich beruhigen oder besser zuhören.” Doch als Elternteil sei es nicht die Aufgabe, die Gefühle des Kindes zu kontrollieren – “sondern die eigenen zu beherrschen”.

“Warum kannst du nicht motivierter sein?”

Scheint es manchmal so, als könnte man dem Nachwuchs vorsetzen, was man möchte – und erhält trotzdem dieselbe Antwort? “Warum liest du nicht mehr?”, “Warum bastelst du nicht mal wieder was?” … und die Reaktion ist dann gern: “Keine Lust.” Ab und an kann es auf uns wirken, als hätte unser Kind auf nichts mehr Lust – außer vielleicht noch auf Videospiele oder auf das Handy oder den Laptop zu starren. Dabei ist es wichtig zu wissen, wo die fehlende Motivation ihren Ursprung hat.

“Einer der häufigsten Gründe für die mangelnde Motivation von Kindern sind Probleme mit akademischen Fähigkeiten”, heißt es vom Child Mind Institute. Und auch DiGangi bestätigt, dass der Grund nicht im Unwillen zu finden ist, schließlich sei das Gehirn derart verdrahtet, dass es Höchstleistungen erbringen, “wann und wo immer es kann”. Das Problem sei also nicht die Motivation, so die Wissenschaftlerin weiter. “Vielmehr besteht eine Diskrepanz zwischen deinen Erwartungen als Elternteil und den Fähigkeiten deines Kindes.”

Stattdessen schlägt sie eine offene Frage vor, die Neugierde zeigt – und die wertfrei ist. In welchen Situationen zeigt das Kind Motivation? Genau an dieser Stelle können Eltern nachhaken und fragen, was genau dem Kind – zum Beispiel an Videospielen – so gut gefällt.

Verwendete Quellen: psychologytoday.com, cnbc.com, nytimes.com, sciencedirect.com

Source: Aktue