Studie: Frauen sind anders einsam als Männer

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Einsamkeit. Spätestens seit Corona ein Gefühl, das viele Menschen kennenlernen mussten. Dabei trifft es nicht nur die ältere Generation, sondern auch erschreckend viele junge Erwachsene. Einer Untersuchung zufolge gibt es jedoch Unterschiede zwischen Männern und Frauen.

Keine Kontakte, Sperrstunden, Masken, Homeoffice und Home-Schooling – die Zeit der Pandemie wird niemand vergessen. Die Stille in den Straßen, die Sehnsucht nach sozialen Kontakten, nach dem ganz normalen Leben, Momente der Einsamkeit. In vielen Bereichen ist längst die Normalität zurückgekehrt. Doch ein großer Teil der Bevölkerung leidet noch heute unter den Folgen von Kontaktbeschränkungen und sozialer Isolation. Vor allem bei jungen Erwachsenen wirkt die Pandemie noch immer nach. Einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zufolge leiden 44 Prozent der jungen Erwachsenen unter 30 Jahren noch heute unter Einsamkeitsgefühlen.

Zu dem Ergebnis kamen die Forschenden, nachdem sie Datensätze aus dem 2020 gestarteten familiendemografischen Panel Freda (Family Research and Demographic Analysis) ausgewertet hatten, für das bundesweit zweimal im Jahr rund 30.000 repräsentativ ausgewählte Menschen zwischen 18 und 53 Jahren sowie ihre Partner:innen befragt werden. Anschließend wurden diese Daten mit den Befunden früherer Befragungen aus dem sozio-ökonomischen Panel verglichen.

Vor allem über einen längeren Zeitraum hinweg bedeutet Einsamkeit erheblichen sozialen Stress für die Betroffenen. Sie kann als ein unangenehmes, sogar schmerzhaftes Gefühl beschrieben werden, das aus einer wahrgenommenen Diskrepanz zwischen gewünschten und tatsächlich vorhandenen sozialen Beziehungen entsteht.

Enormer Anstieg von Einsamkeit bei jungen Erwachsenen

So zeigten die Auswertungen, was unlängst bekannt ist: Die Einschränkungen der Pandemie hatten für einen eklatanten Anstieg von Einsamkeitsgefühlen gesorgt. Im Vergleich zum Jahr 2017 stieg der Wert derer, die angaben, sich teilweise einsam zu fühlen, von rund 14 Prozent auf 46 Prozent im Jahr 2021 an. Dieser Wert ist inzwischen rückläufig, allerdings lag er bei der letzten Messung im Winter 2022/23 noch immer bei 36,4 Prozent. Konkret bedeutet dies, dass jede sechste Person sich sehr einsam fühlt.

Besonders hoch sind diese Werte bei den jüngeren Erwachsenen. Mit 44,5 Prozent ist beinahe jede:r Zweite von gelegentlicher Einsamkeit betroffen. In der Altersgruppe der 30- bis 53-Jährigen ist es mit 33,2 Prozent jede:r Dritte.

Unterschiede zwischen Einsamkeitsgefühlen bei Männern und Frauen

Für ihre Analyse unterschieden die Forschenden zwischen unterschiedlichen Formen von Einsamkeit. Neben der sozialen gibt es auch die emotionale Einsamkeit. Während Menschen, die in ihrem sozialen Netzwerk unglücklich sind, sich nicht gesehen, verstanden oder gestützt fühlen, sozial einsam sind, spricht man von emotionaler Einsamkeit, wenn es ein Defizit an Nähe gibt. Das kann auch Menschen betreffen, die eigentlich einen großen Freundes- und Bekanntenkreis haben.

Die Analysen zeigen, dass soziale Einsamkeit mit 39 Prozent häufiger vorkommt als emotionale Einsamkeit mit 29 Prozent. “Vor allem Frauen beklagen eher eine emotionale Einsamkeit, während Männer häufiger sozial einsam sind”, erklärte Dr. Sabine Diabaté, Leiterin der Forschungsgruppe “Familie” am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB). Darüber hinaus hänge eine tägliche Internetnutzung mit einem geringeren Risiko für emotionale Einsamkeit zusammen, sie habe jedoch keinen Effekt auf die soziale Einsamkeit.

Einsamkeit: Ursachen und Folgen

Die Forschenden konnten anhand ihrer Analysen feststellen, welche Faktoren besonders zu Einsamkeitsgefühlen beitragen und welche davor schützen: “Personen, die im ländlichen Raum leben, finanziell besser gestellte und Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit sind deutlich seltener einsamkeitsgefährdet. Niedrige Bildungsabschlüsse und ein schlechter allgemeiner Gesundheitsstatus erhöhen das Einsamkeitsrisiko jedoch erheblich.” Gefährdet sind zudem Alleinerziehende. Partner:innen und Familie sind demnach Schutzfaktoren.

Einsamkeit kann für Betroffene zudem gesundheitliche Folgen haben. So erhöhe sich bei dauerhaft einsamen Menschen das Risiko für Schlafprobleme, Herzerkrankungen und Schlaganfälle und das Immunsystem wird geschwächt. Außerdem berge Einsamkeit die Gefahr, suchtkrank zu werden und vorzeitig physiologisch zu altern. Hinzu komme ein höheres Risiko, sich zu isolieren und sich möglicherweise politisch oder religiös zu radikalisieren. Demnach ist Einsamkeit nicht nur ein privates Problem, sondern aufgrund der steigenden Zahlen zunehmend ein Risiko für die Demokratie, weil sie den inneren, sozialen Zusammenhalt gefährden könne.

Gegen Einsamkeit: Diese Maßnahmen sollen helfen

Um Einsamkeit zu bekämpfen und ihr vorzubeugen, könnte eine umfänglichere Förderung gesellschaftlicher Teilhabe ein Ansatzpunkt sein, schreiben die Autor:innen. “In diesem Kontext ist ein niedrigschwelliges Netzwerk aus Hilfsangeboten bei Institutionen zu nennen, die mit den verschiedenen Risikogruppen häufig Kontakt haben, sei es bspw. über Kitas, Schulen, Ärzte oder Behörden (z. B. Arbeitsamt).”  Über diese Institutionen könnten beispielsweise Kurse angeboten werden, die die Sozialkompetenzen und Kommunikation fördern, chronisch Kranke sozial besser eingebunden und direkte soziale Begegnungen geschaffen werden. 

Source: Aktue