Anti-Aging-Studie: Kann ein Medikament die Menopause um 5 Jahre herauszögern?

Aktuel

Ein etabliertes Medikament scheint die fruchtbare Phase von Frauen verlängern und ein gesünderes Altern ermöglichen zu können. Jetzt liegen erste Forschungsergebnisse zu den neuen Einsatzmöglichkeiten vor.

Tick, tack… die biologische Uhr zählt gnadenlos herunter. Viele Frauen, die nicht problemlos schwanger werden, bei denen vielleicht schon die Wechseljahre nahen, müssen sich belastenden Kinderwunschbehandlungen unterziehen und vielleicht dennoch ihren Traum von der Mutterschaft begraben. 

Denn irgendwann sind die Eierstöcke erschöpft. Kein Ei reift mehr heran und die Fruchtbarkeit ist unwiderruflich vorbei. Was wäre, wenn dir ein gut erforschtes Arzneimittel ein paar Jahre mehr Zeit verschaffen könnte? Eine klinische Studie an der Columbia University und dem Columbia University Irving Medical Center scheint dieses Mittel gefunden zu haben.

Willkommene Nebenwirkung eines Immunsuppresivums

Rapamycin heißt der Kandidat. Er kommt seit Jahren in der Krebsbehandlung und nach Organtransplantationen zum Einsatz, weil die Substanz das Zellwachstum hemmt und, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern, die Immunaktivität herabsetzt.

Was das mit der Fruchtbarkeit und der Menopause zu tun hat? Die Wechseljahre sind im Prinzip nichts anderes als der natürliche Alterungsprozess unserer Eierstöcke und der Reproduktionsfähigkeit, die mit der Menopause endet. In der Welt der Anti-Aging-Forschung hat sich der Wirkstoff mittlerweile ebenfalls einen Namen gemacht, wie die Max-Planck-Gesellschaft berichtet. Denn zumindest im Tierversuch zeigte sich, dass Rapamycin die Entstehung altersbedingter Krankheiten, wie Demenzen, Herz-Kreislauferkrankungen oder spontane Tumore verzögern kann.

Der Anti-Aging-Effekt trat im Rahmen der im Fachblatt Nature Aging veröffentlichten Studie bei den Versuchstieren – Fliegen und Mäusen – auch ein, wenn der Wirkstoff nur für eine kurze Zeit verabreicht wurde. Das hat besonders aufmerken lassen, weil bei Dauereinnahme und hohen Dosierungen, wie sie vor allem bei organtransplantierten Menschen nötig ist, durchaus schwerwiegende Nebenwirkungen zu erwarten sind. Das Risiko bestünde als Anti-Aging-Medikament demnach nicht.

Müde Eierstöcke werden wieder jung

Zum ersten Mal weltweit wird Rapamycin nun auch in einer randomisierten, placebokontrollierten Studie als Anti-Aging-Mittel beim Menschen untersucht – mit dem Fokus auf Frauen. “Die Alterung der Eierstöcke ist der fundamentale Faktor des Alterns bei Frauen”, erklärt die Co-Autorin Yousin Su, Professorin für Reproduktionswissenschaften, Genetik und Entwicklung an der Columbus University gegenüber The Guardian

Teaser Artikel paco linklist teaser wechseljahre

Ihre Forschung lässt nun vermuten, dass der Wirkstoff (die Frauen bekamen 5 Milligramm pro Woche über einen Zeitraum von drei Monaten) den Alterungsprozess der Eierstöcke um 20 Prozent drosseln könnte – ohne, dass die Frauen eine der 44 bekannten Nebenwirkungen von Rapamycin, von leichter Übelkeit oder Kopfschmerzen bis hin zu Bluthochdruck oder Infektionen, entwickeln. Im Vergleich: Immunsupprimierte Patient:innen müssen 15 mg am Tag einnehmen. 

Somit ließe sich, offenbar risikolos, die reproduktive Phase um fünf Jahre verlängern, die Menopause mit ihren möglichen Begleiterscheinungen herauszögern. Ein Zeitgewinn, der für die betroffenen Frauen – mit und ohne Kinderwunsch – die Welt bedeuten kann.

Sicher und ungefährlich für junge Frauen, wirksam in der Lebensmitte

Eine bessere Lebensqualität in den Wechseljahren verspricht auch die Hormonersatztherapie (HRT) – die jedoch nicht für jede Frau geeignet ist, weil sie zum Beispiel Brustkrebszellen triggern kann. Den großen Unterschied zu Rapamycin beschreibt Prof. Su jedoch so: “HRT setzen wir als ‘Pflaster’ ein, wenn spürbar wird, dass die Alterung eingesetzt hat. Aber wenn Frauen Rapamycin in ihren 30ern nehmen, sobald ihre Eierstockfunktion schwächer zu werden beginnt, noch bevor Symptome auftreten, können sie damit den gesamten Alterungsprozess verlangsamen.”

Der Mechanismus dahinter: Die Eierstöcke verlieren jeden Monat von ihrer schon im Mutterleib angelegten Eizellreserve etwa 50 Eier, nur eines davon schafft den Eisprung. Die erprobte geringe Dosis Rapamycin führt nun dazu, dass in den Eierstöcken nur etwa 15 Eier je Monat untergehen. Das Depot leert sich also langsamer und auch die Organe altern weniger schnell. Wenn in den Wechseljahren die Östrogenproduktion in den Eierstöcken langsam versiegt, fallen wichtige Schutzfunktionen des Sexualhormons weg, was zum Beispiel das Risiko für Osteoporose (Knochenschwund) und Herz-Kreislauferkrankungen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöht. Bei später einsetzender Menopause gewinnen wir auch hier wertvolle Zeit.

Die Erkenntnisse des Forschungsteams verleitet Prof. Yousin Su zu regelrechten Jubelstürmen: “Irgendwie scheinen unsere Ergebnisse zu schön um wahr zu sein – allerdings ist Rapamycin so gut untersucht, dass wir einfach wissen, dass sie wahr sind.” Die Studie befindet sich mittlerweile in Phase zwei und wird noch bis Ende 2025 fortgeführt. Wir dürfen gespannt sein, ob sich die Hoffnung auf ein wirkliches Anti-Aging-Medikament erfüllt.
 

Source: Aktue