Hautpflege ab 18: Sollten Jugendliche vor Beautytrends geschützt werden?

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Jede Woche gibt es einen neuen Skincare-Hype auf Social Media – die Nutzer:innen auf TikTok, Instagram & Co. werden immer jünger. Sollten Jugendliche durch Altersbeschränkungen vor Haupflege-Produkten geschützt werden? Die skandinavische Marke “Mantle” findet: Ja! Im Interview mit BRIGITTE verrät Gründerin Josefin Landgård ihre Beweggründe, woraufhin Beauty-Redakteurin Melanie ihre Meinung teilt.

Das Interesse an Beauty-Produkten wächst seit Jahren analog mit der Beliebtheit der sozialen Medien. Die Nutzer:innen werden immer jünger – bereits ab einem Alter von 10 Jahren scrollen Kinder und Jugendliche fleißig durch TikTok und Instagram, wo ihnen täglich Produktneuheiten präsentiert werden. Doch nicht nur das generelle Interesse an Beauty ist gestiegen, es richtet sich auch speziell auf den Hautpflege-Bereich. Menschen befassen sich jetzt viel mehr mit ihrer Haut, ihrer Beschaffenheit und Möglichkeiten, diese zu optimieren. Neben “harmlosen” feuchtigkeitsspendenden Produkten liegt der Fokus auch ganz klar auf Wirkstoffen. Wirkstoff-Kosmetik war nie gefragter jetzt, wo die Nutzer:innen sich doch scheinbar auskennen, was wirklich wirksam ist. Doch dieses Halbwissen kann gefährlich sein – besonders für junge Haut. 

Hautpflege ab 18: Diese Marke verkauft nur an Volljährige

Wenn man auf die Website der skandinavischen Hautpflegemarke Mantle geht, muss man zuerst eine wichtige Frage beantworten: Bist du über 18? 

© www.mantleskin.com

Sie sind damit Vorreiter, wenn es darum geht, den Verkauf an minderjährige Kund:innen einzuschränken.  Die schwedische Apotheken-Kette “Apotek Hjärtat” setzt ebenfalls auf Einschränkungen, beim Vertrieb von Kosmetik an Jugendliche. Natürlich kann nicht kontrolliert werden, ob die Person wahrheitsgemäß antwortet. Dennoch schafft Gründerin Josefin Landgård durch dieses Pop-Up-Fenster einen Störfaktor, der den Käufer erst einmal innehalten lässt. Im Interview verrät sie, wieso:

Pflege-Routinen für fortgeschrittene Haut mit entsprechenden Wirkstoffen sind seit einigen Jahren ein Trend auf Social Media. Unserer Meinung nach ist es problematisch, wenn junge Menschen Produkte mit solch starken Wirkstoffen kaufen und verwenden.

Sie bezieht sich dabei auf Wirkstoffe wie Säuren, Peptide und Retinoide, die zwar keine direkten negativen Auswirkungen auf die Haut hätten, jedoch zu Komplikationen bei junger Haut führen könnten. 

Wenn junge Menschen anfangen, starke Wirkstoffe zu verwenden, kann dies zu Komplikationen wie erhöhter Empfindlichkeit, Akne oder Allergien führen.

Die Altersabfrage soll vor allem eine Orientierungshilfe geben und darauf aufmerksam machen, dass nicht jedes Hautpflegeprodukt bedenkenlos für jede Haut und vor allem jedes Alter geeignet ist. “Wir hoffen, dass dies junge Menschen und ihre Eltern dazu veranlasst, innezuhalten und zweimal nachzudenken.” Außerdem gehe es darum, aufzuklären und andere Marken dazu zu ermutigen, ihrem Beispiel zu folgen, damit Jugendliche “keine Wirkstoffe mehr verwenden, die möglicherweise ihrer Haut schaden könnten.”

Brauchen wir eine Beauty-Altersbeschränkung? So denkt Beauty-Redakteurin Melanie

Als fleißige Konsumentin der sozialen Medien habe ich als Beauty-Redakteurin schon bei vielen Skincare-Hypes partizipiert – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Um eine Aussage treffen zu können, ob ich eine Altersbeschränkung bei Hautpflegeprodukten für sinnvoll halte, finde ich es zuerst wichtig, die möglichen negativen Auswirkungen auf die Haut zu kennen. Dabei beziehe ich mich auf die drei Wirkstoffe, die Josefin Landgård  genannt hat: Säuren, Peptide und Retinoide:

1. Säuren

Hier bezieht sich die Mantle-Gründerin auf chemische Peelings, wie AHA (Alpha-Hydroxy-Säuren) oder BHA (Beta-Hydroxy-Säuren), die man nach der Reinigung auf die trockene Haut aufträgt, wo sie abgestorbene Hautschüppchen ablösen. Ihre Verwendung kann sehr viele Vorteile auf die Hautgesundheit – die Regulierung der Talgproduktion und ihre entzündungshemmenden Eigenschaften sind nur einige davon. 

Während ich es großartig finde, dass sich immer mehr Leute auch an Wirkstoff-Kosmetik trauen, finde ich dennoch, dass zu viele Menschen jedes Alters leichtsinnig mit Säuren umgehen. Bei vielen Produkten ist die Säure-Konzentration sehr hoch. Das kann natürlich sehr wirksam sein, doch mit der Wirksamkeit steigt auch das Irritationspotenzial. Besonders bei Haut, die den Umgang mit Säuren nicht geübt ist (z.B. junge Haut), kann dies zu ernsthaften Hautreizungen führen. Trägt man eine Säure z.B. auf nasse Haut auf, penetriert diese die Haut noch stärker und kann so noch mehr reizen.

Bei der Verwendung von Säuren gibt es einfach sehr viele Dinge, auf die man achten muss. Die richtige Konzentration ist nur eine davon – dadurch, dass abgestorbene Hautschuppen von der Haut gelöst werden (was per se gut ist), verliert sie jedoch auch etwas an ihrem natürlichen Schutz vor exogenen Einflüssen, wie z.B. UV-Strahlung. Eine Verwendung von einem hohen Lichtschutzfaktor ist deshalb essenziell, um die Haut vor Hautkrebs zu schützen. Verwendet man täglich chemische Peelings kann außerdem die Hautbarriere gestört werden, da die mechanische Barriere aus Fetten und abgestorbenen Hautschuppen besteht, die beide durch Säuren gelöst werden können. 

Den mündigen Umgang mit Säuren finde ich aus diesen Gründen extrem wichtig. Ob man das schon unter 18 weiß? Ich bin mir nicht sicher.

2. Peptide

Peptide in der Hautpflege sehe ich tatsächlich auch in Bezug auf Alter als weniger problematisch an. Das mag daran liegen, dass die Wirksamkeit von vielen Peptiden bisher nur theoretisch bestätigt ist, eindeutige wissenschaftliche Beweise jedoch fehlen. Sie sind kleinere Eiweiße (Proteine) mit mehreren Aminosäuren als Bausteine, die die Kollagenproduktion der Haut steigern können oder entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. 

Braucht man als Kind oder Jugendliche Peptide in seiner Hautpflege? Natürlich nicht. Da sich die Kollagenproduktion der Haut etwa erst ab einem Alter von 25 verlangsamt, sehe ich keinen Vorteil in so jungem Alter oft kostspielige Peptide zu nutzen. Als gefährlich stufe ich sie jedoch auch unter 18 nicht ein. 

3. Retinoide

Ganz anders sehe ich das bei Retinoiden. Unter diesen Begriff fallen alle Wirkstoffe, die mit Vitamin-A verwandt sind, also Retinol, Retinal und ihre Derivate. Der Wirkstoff kann Falten reduzieren, gegen Akne und unreine Haut helfen, sowie Freie Radikale einfangen, die das Kollagengerüst der Haut schädigen können. Erneut gilt hier: Mit der Wirksamkeit steigt auch das Irritationspotenzial. Sehr hohe Vitamin-A-Konzentrationen sind frei für Menschen jeden Alters erhältlich, was ich nicht gutheiße.

Denn Retinoide machen die Haut lichtempfindlicher und machen erneut die tägliche Verwendung von Sonnenschutz essenziell. Auch hier kann man sehr schnell überdosieren, was starke Hautreizungen verursachen kann. Fast alle Kinder- und Jugendliche können auf Vitamin-A in ihrer Hautpflege verzichten. Sollten Teenager Akne haben, handelt es sich um eine Hautkrankheit, mit der man eine Ärztin aufsuchen sollte, die ggf. eine Vitamin-A-Creme verschreibt.

Fazit

Als Hautpflege-Liebhaberin finde ich es von Mantle einen interessanten Schritt, diese Altersbeschränkung einzuführen. Das Signal, das eine gewisse Hautpflege-Mündigkeit gefordert wird, um aktive Wirkstoffe zu benutzen, finde ich großartig. Das Alter 18 finde ich jedoch ein relativ hohes Alter, wenn man überlegt, welche Dinge in Deutschland schon ab 16 erlaubt sind. Ich glaube, es kommt auf den Informationsstand über Inhaltsstoffe und die individuelle Hautbeschaffenheit an. Braucht man eine Altersbeschränkung für alle Produkte auf der Website? Ich denke nicht. Gerade feuchtigkeitsspendende Cremes sind bedenkenlos zu benutzen. Dennoch finde ich die Botschaft richtig und hoffe, dass sich auch andere Marken davon inspiriert fühlen, mehr Aufklärung über mögliche negativ-Auswirkungen zu betreiben. 

 

Source: Aktue