Money Mindset: Die richtigen Glaubenssätze für eine bessere finanzielle Kontrolle

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Unser Money Mindset beeinflusst unseren Umgang mit Finanzen und bremst uns manchmal aus. Aber können wir auch durch positive Gedanken reich werden? Finanzexpertin Claudia Müller erklärt, wie das klappt – und wie nicht.

BRIGITTE: “Geld verdirbt den Charakter.” “Über Geld spricht man nicht.” Solche Sätze haben wir alle schon mal gehört. Inwiefern beeinflussen sie unsere Einstellung zu Geld?

Claudia MÜller: Wir sprechen da über das Money Mindset, also die psychologische Frage, welche Glaubenssätze wir zum Thema Geld haben. Und wie wir sie verändern und verbessern können. Dabei geht es aber gar nicht um unsere bewussten Gedanken, sondern um die unbewussten. Denn tatsächlich werden mehr als 90 Prozent unserer Entscheidungen unbewusst getroffen.

Wenn ich also eine gute Einstellung zu Geld habe oder mir viele positive Gedanken darüber mache, werde ich dann automatisch auch reich?

Ich fürchte, die Kraft der Gedanken allein reicht nicht. Nur sitzen und über Geld meditieren füllt das Konto im Zweifelsfall nicht. Aber es ist schon so, dass unsere Gedanken unser Verhalten beeinflussen. Und das wiederum beeinflusst natürlich unseren Kontostand.

Wo kommen diese unbewussten Gedanken und Glaubenssätze zum Thema Geld eigentlich her?

Wir hören sie häufig in unserem Elternhaus, in der Kindheit, in Büchern. In Märchen ist zum Beispiel immer die reiche Person eher die böse, und die arme ist die mit dem guten Charakter. Und die darf dann reich werden. Aber vorher muss sie arm gewesen sein, damit sie auch gut ist. Also “reich” und “gut” funktioniert offensichtlich nicht zusammen. Das prägt uns. Und wenn wir dann innerlich glauben, dass Geld den Charakter verdirbt, dann ist es, als müssten wir uns entscheiden: Will ich reich sein, oder will ich nett sein? Oder, ein anderer Glaubenssatz: Wenn ich viel Geld habe, dann fehlt dieses Geld jemandem an anderer Stelle, ich habe es also jemandem weggenommen. Wenn ich das glaube, stecke ich in einer ganz großen Zwickmühle.

Hast du auch solche Glaubenssätze?

Ich persönlich glaube zum Beispiel überhaupt nicht, dass Geld den Charakter verdirbt. Es gibt unter reichen oder armen Menschen genauso welche mit gutem wie mit schlechtem Charakter. Ich habe aber ganz stark diesen Glaubenssatz: Nur wer hart arbeitet, kann auch reich werden. Ich weiß auch genau, wo er herkommt: wenn ich mir meine Eltern anschaue und deren Arbeitsethos – gar keine Frage.

Und wie kommt man da raus?

Es hilft, darüber nachzudenken: Muss das so sein? Kann ich nicht vielleicht auch reich UND nett sein? Und es lohnt sich, näher hinzuschauen: Wie bin ich aufgewachsen? Was sind meine unbewussten Verhaltensmuster? Am Beispiel meines Satzes wären die nächsten Gedanken also: Wer sagt denn, dass nur, wer hart arbeitet, viel Geld verdienen kann? Warum glaube ich, dass das stimmt? Kann es nichtvielleicht auch andersherum sein? Also: Ich kann viel Geld verdienen, während ich das mache, was mir Spaß macht. Ich kann viel Geld verdienen, während ich das Leben führe, das ich gerne haben möchte. Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich formuliere also einen neuen, ins Positive gewendeten Glaubenssatz.

Richtig. Und den muss ich mir dann aber auch so tief im Unterbewusstsein verankern wie den alten Glaubenssatz. Das kann lange dauern. Denn in meinem Fall habe ich ja 36 Jahre lang den anderen Satz verinnerlicht. Und nur weil ich einmal darüber nachdenke, macht das noch lange nicht das zunichte, was ich jahrzehntelang da so schön eingerieben habe. Es ist ein längerer Prozess, ich brauche Geduld und vor allem Wiederholung. Ich kenne Leute, die sich ihren neuen Glaubenssatz als Meditation auf dem Handy aufgenommen haben. Die hören sie jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit. Oder der berühmte Zettel, der im Portemonnaie oder am Badezimmerspiegel klebt. Es geht darum, dass man diese neuen positiven Sätze die ganze Zeit hört oder um sich herum sieht. Und irgendwann wandern sie aus den aktiven Gedanken in die unterbewussten Gedanken und werden zu den 90 Prozent, die unser Verhalten steuern.

Da kommen wir in die Nähe eines Themas, das gerade in den sozialen Medien sehr trendy ist: das “Manifestieren”. So nach der Idee: Man muss sich einfach nur oft genug etwas vorsagen, und dann funktioniert es auch. Auf Tiktok gibt es Filme über das Lucky-Girl-Syndrom: Glück und Erfolg sollen sich automatisch einstellen, wenn man fest dran glaubt und positive Gedanken manifestiert. Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen. Am Ende muss doch irgendeine Handlung folgen.

Ich finde das gefährlich zu sagen: Ich denke einfach positiv und dann ist die Welt schon rosarot. Im Zweifel ist sie nicht rosarot und ganz sicher nicht für alle Menschen. Es geht um etwas anderes: Automatismen zu hinterfragen, zu durchbrechen und dann eine bewusste Entscheidung zu treffen. Wir alle kennen es vielleicht beim Essen, dass man aus Frust viel isst, oder bei Stress. Ein ähnliches Verhalten haben wir auch beim Geldausgeben.

Shopping aus Frust …

… oder zur Belohnung. Nach dem Motto: Geld ist schließlich auch dazu da, ausgegeben zu werden. Aber wenn man der Meinung ist, dass es Schmerzensgeld für harte Arbeit ist, dann wird man es auch immer direkt wieder weggeben und nicht etwas Positives damit machen. Wenn ich aber sage: Hier habe ich Geld, jetzt möchte ich etwas Sinnvolles damit machen. Dann kann das sein, dass ich etwas kaufe oder davon essen gehe. Es kann aber auch sein, dass ich meinen ETF-Sparplan bespare. Wichtig ist: Dann bestimme ich selbst mein Verhalten – und nicht mehr mein Unterbewusstsein. Das ist das Entscheidende. Dahin komme ich nicht durch meine Gedanken allein. Sondern indem ich durchleuchte, wie meine unbewussten Gedanken meinen Automatismus triggern, und dann diese Verknüpfung auflöse und mein Verhalten bewusst steuere.

Und was wären danach die nächsten Schritte?

Als Erstes: Kassensturz machen, Transparenz herstellen. Das heißt, ich schaue mir an, wie viel besitze ich eigentlich? Dazu zählt auch, Kontoauszüge anzuschauen und ein Haushaltsbuch zu führen. So durchforste ich meine Ausgaben und sehe ich auch noch mal, wie meine Glaubenssätze sich in meinem Verhalten widerspiegeln. Denn so wie unser Kalender idealerweise reflektiert, welche zeitlichen Prioritäten wir in unserem Leben vergeben, so sollte unser Kontoauszug reflektieren, welche finanziellen Prioritäten wir den Dingen geben. Und wenn ich dann sehe, dass ich einen relativ großen Anteil für Essen ausgebe oder für Shopping, für Miete, für Reisen, dann kann ich mich fragen: Ist es mir das auch wert? Reflektiert das meine Prioritäten?

Und entsprechend ändert man dann sein Ausgabeverhalten.

Ja, der nächste Punkt wäre dann, ein Budget aufzustellen. Das Haushaltsbuch zeigt rückblickend, wofür ich mein Geld ausgegeben habe. Jetzt kann ich diese Prioritäten überprüfen: Wie viel möchte ich für welchen Anteil ausgeben? Ein Beispiel ist das 50:30:20-Budget: 50 Prozent sind Ausgaben, die sein müssen, wie Miete, Versicherungen, Lebensmittel. 30 Prozent des verfügbaren Einkommens sind für Dinge vorgesehen, die mir Spaß machen, wie zum Beispiel Essengehen, Netflix, Urlaub. Und idealerweise werden die restlichen 20 Prozent dann gespart oder investiert.

In Städten mit hohen Mieten wird man mit 50 Prozent für die Muss-Ausgaben nicht auskommen.

Aber auch dafür ist das Budget wertvoll, denn es gibt Orientierung und Klarheit. Und für das angesparte oder investierte Geld gilt: Es sollte mindestens die gleiche Priorität haben wie die anderen Ausgaben. Wenn es am Anfang nicht 20, sondern erst mal nur fünf Prozent des verfügbaren Einkommens sind, ist das vollkommen in Ordnung. Wichtig ist: nicht erst am Monatsende sparen, sondern gleich am Anfang. Dieses Motto heißt: Pay yourself first. Die Sparrate wird wie ein eigenes Gehalt betrachtet und wandert per Dauerauftrag auf ein separates Konto oder in einen ETF-Sparplan.

Das ist ja auch so eine unbewusste Überzeugung: dass nur reiche Leute an der Börse sein können.

In Wirklichkeit kann man auch mit kleinen Summen viel verändern. Bei manchen Depotanbietern kann man schon mit einem Euro monatlich in einen breit gestreuten Aktienfonds investieren. Natürlich können wir damit nicht unsere Altersvorsorge auf stabile Beine stellen. Aber es reicht, um anzufangen und zu lernen. Und sich dann langsam hochzuarbeiten. So schaffen wir es, auch ohne viel Aufwand mit der Zeit ein kleines oder großes Vermögen aufzubauen.

Glaubenssätze neu formulieren

Beispiele für negative Geld-Gedanken:

► Geld verdirbt den Charakter.

► Geld ist mir nicht wichtig.

► Ich kann einfach nicht mit Geld umgehen.

► Geld macht nicht glücklich.

… und so könnten positive Sätze klingen:

► Geld ist neutral – ich habe es in der Hand, wie ich damit umgehe.

► Ich möchte ein finanziell sorgloses Leben führen. 

► Ich habe die Kontrolle über meine Ausgaben.

► Mit Geld kann ich viel Gutes bewirken.

Dieses Gespräch kannst du in Langfassung auch nachhören (überall wo es Podcasts gibt) – oder auf Youtube anschauen.

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Lust auf mehr? Alle Infos zu unserem Videokurs-Programm findest du hier: brigitte.de/masterclass

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Source: Aktue