Psychologie: Diese kindliche Fähigkeit kann helfen, Erfüllung im Leben zu finden

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Empfinden wir unser Leben als sinnlos, fühlen wir uns in der Regel unglücklich, werden leichter krank und sterben tendenziell sogar früher. Fördern könnten wir unser Sinngefühl laut einer neuen Studie, indem wir lernen, Geschichten zu erzählen.

Als Menschen verspüren wir ein grundlegendes Bedürfnis nach Sinn und das können wir im Alltag oft an uns selbst beobachten: Wenn wir uns über Regeln ärgern, die wir dumm finden – weil wir ihre Hintergründe nicht kennen. Wenn uns etwas Schmerzhaftes widerfährt und wir versuchen zu erkennen, wozu es gut war. Wenn uns die Motivation fehlt, etwas zu lernen, von dem wir nicht einsehen, wofür wir es brauchen. Am liebsten hätten wir, dass alles einen Sinn hat, auch oder sogar gerade unsere Existenz.

Psycholog:innen haben das menschliche Sinnbedürfnis bereits mit unterschiedlichen Schwerpunkten untersucht und dabei einige Erkenntnisse gewonnen. So scheint es laut mehreren Studien etwa unser Sinnempfinden erheblich zu stärken, wenn wir uns gebraucht fühlen und anderen Menschen helfen. Spiritualität und Transzendenz zahlen auf unser Sinngefühl ein. Verfügen wir über ein starkes Sinngefühl, wirkt sich das laut Untersuchungen wiederum positiv auf unsere Gesundheit und Longevity aus. 

Eine neuere Studienreihe liefert nun Hinweise darauf, dass unser Sinnempfinden mit einer Fähigkeit zusammenhängen könnte, die in unserer Gesellschaft tendenziell wenig Wertschätzung erfährt: Die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. 

Versuchsreihe: Kann narratives Denken Sinn stiften?

Die Studienreihe besteht aus drei Untersuchungen mit insgesamt knapp 600 Versuchspersonen aus dem Mittleren Osten und den USA. Forschende der Reichmann University in Israel haben sie durchgeführt und 2024 im “Journal of Positive Psychology” veröffentlicht. Um Hypothesen aus vorheriger Forschung zu testen, dass ein ausgeprägtes narratives Denken tendenziell mit einem starken Sinngefühl verbunden ist, haben die Wissenschaftler:innen aus Israel ihre Studien gezielt auf diese Aspekte beschränkt: Empfinden die Proband:innen ihr Leben als sinnvoll? Wie gut können sie Geschichten erzählen? Zusammenhängend mit dem Sinngefühl haben die Forschenden zudem evaluiert, inwieweit die Testpersonen dazu bereit sind, übergeordnetere Ziele bei ihrem Handeln zu berücksichtigen, anstatt stets kurzfristigen Motive zu folgen. Das Richtige tun statt das Einfache, zum Beispiel, das Gemeinwohl im Blick haben statt nur das eigene.

Sinnempfinden und Zielverfolgung haben die Wissenschaftler:innen in den drei Studien anhand von Befragung der Versuchspersonen ermittelt, bei den Qualitäten zum Geschichtenerzählen variierten sie die Methode: Einmal durften sich die Proband:innen selbst einschätzen, einmal gab jeweils eine gut bekannte Person der Versuchsteilnehmenden Auskunft und einmal urteilten unabhängige Zuhörende. Für das Experiment mit den unabhängigen Bewertenden hatten die Forschenden die Testpersonen gebeten, je zwei zweiminütige Geschichten zu erzählen: Eine über ein Ereignis, das einen guten Eindruck von ihrer Persönlichkeit vermittelt, und eine, deren Grundlage drei vorgegebene Begriffe bildeten.

Die Erwartung, mit der die Wissenschaftler:innen ihre Versuchsreihe begonnen hatten, erfüllte sich in allen drei Fällen: Menschen, die gut Geschichten erzählen konnten, wiesen tendenziell ein stärker ausgeprägtes Sinngefühl auf.  

Sinn erkennen und Geschichten erzählen sind verwandt

Aus dieser Versuchsreihe können wir nicht einfach schließen, dass es uns aus einer Sinnkrise helfen wird, einen Storytelling-Workshop zu besuchen. Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen, das Sinngefühl stärkt, oder ob nicht vielleicht Menschen mit einem starken Sinnempfinden glücklich und selbstbewusst genug sind, um gute Geschichten zu erzählen. Es lässt sich nicht eindeutig sagen, was diese Korrelation begründet, die die Forschenden in ihrer Stichprobe gefunden haben. Dass jedoch ein Zusammenhang zwischen Sinnerkenntnis und Erzählkompetenz besteht, erscheint, nach etwas Nachdenken, nachvollziehbar.  

So erfordert – und fördert – beides Vorstellungsvermögen und Kreativität. Wir müssen für beides Ereignisse beziehungsweise Sätze miteinander in Verbindung bringen, Informationen wahrnehmen, verarbeiten, interpretieren und zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen. Wenn wir in einer schmerzhaften Erfahrung etwas Positives finden, machen wir daraus letztlich auch eine eigene kleine Geschichte: Wir bestimmen das Narrativ. Wenn wir unsere gesamte Existenz als zusammenhängende Geschichte mit ein paar übergeordneten Aussagen betrachten und begreifen können, schreiben wir ihm dabei unweigerlich Sinn zu.

Sicherlich gehört zu einem glücklichen und erfüllten Leben einiges mehr, als gute Geschichten erzählen zu können – Bestseller-Autor:innen sind schließlich auch nicht immer nur zufrieden. Aber schaden kann es uns und unserer Psyche vermutlich nicht, das Erzählen ein wenig zu üben. Und statt Kommunikation lediglich als Mittel zum Austausch von Informationen und Argumenten zu behandeln, wäre es vielleicht in unser aller Sinne, offener dafür zu werden, was wir uns zu erzählen haben.   

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