Psychologie: Subtile Anzeichen, dass du als Kind zu sehr kritisiert wurdest

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Wer als Kind vor allem Kritik zu hören bekam, tut sich im Erwachsenenalter schwer mit Fehlern – aber auch Zuneigung.

Dir passiert etwas Wundervolles, etwas, worauf du vielleicht lange hingearbeitet hast oder was dir zufällig in den Schoß fiel. Wie fühlst du dich?

Dir passiert etwas Schlimmes, ein Missgeschick, durch dich hervorgerufen oder jenseits deiner Kontrolle. Wie fühlst du dich?

Die Antworten auf beide Fragen mögen eindeutig sein: Im ersten Szenario fühlen wir uns glücklich und zufrieden, im zweiten sind wir traurig oder ärgern uns vielleicht auch ein wenig über uns. Doch worauf es viel mehr ankommt, ist die Ausprägung, die Tiefe unserer Emotionen, in beiden Situationen.

Wie Wissenschaftler:innen in einer Studie festgestellt haben, ist die Gehirnaktivität bei Kindern als Reaktion auf Belohnung und Verlust vergleichsweise geringer, wenn ihre Mütter besonders kritisch ihnen gegenüber sind. Bedeutet: Sie spürten Verluste intensiver, während ihre neuronalen Reaktionen auf Gewinne minimiert und abgestumpft waren. “Langfristig löst dies einen Kreislauf von Selbstwertproblemen und der Suche nach Bestätigung an jeder Ecke aus, die sich auch ins Erwachsenenalter fortsetzt”, schreiben die Forscher:innen.

Was uns wieder zu den beiden Eingangssituationen führt: Wie fühlst du dich in den jeweiligen Szenarien? Siehst du dich in der Lage dazu, Freude über deine Erfolge zu empfinden und Zufriedenheit zu verspüren? Oder ist da eher ein Gefühl der Selbstverständlichkeit? Weil du eben nichts anderes als Erfolg abzuliefern hattest? Und wie sieht es in dem Szenario aus, in dem dir ein Missgeschick geschieht? Wie tief sitzt der Ärger über die eigenen Unzulänglichkeiten? Wie groß sind der Frust und das Gefühl, nicht gut genug zu sein?

Womöglich wurdest auch du in deiner Kindheit sehr harsch kritisiert, vielleicht waren auch bei dir die Anforderungen immens, der Druck riesig – und die Nachwirkungen spürst du bis heute. Doch wer darum weiß, dass er:sie auf (vermeintliche) Unzulänglichkeiten, Fehler und Kritik sehr sensibel reagiert, kann diese Muster eher durchbrechen und eine gesündere Beziehung zu sich selbst finden – hier sind einige Anzeichen, auf die du achten kannst.

3 Anzeichen, dass du als Kind zu sehr kritisiert wurdest

Der Gedanke, etwas Neues auszuprobieren, lässt Schweißperlen auf deiner Stirn entstehen, weil die Gefahr besteht, zu “versagen”? Komplimente prallen an dir ab, Kritik hingegen trifft dich bis ins Mark? All das können mögliche Anzeichen sein, dass du als Kind zu oft harscher Kritik ausgesetzt warst.

1. Dich begleitet eine große Versagensangst

Fehler zu machen, gehört zum Leben. Die wenigsten Menschen machen sie gerne, die meisten lernen aber (über kurz oder lang) aus ihnen und machen es beim nächsten Mal anders. Und genau das ist doch das Wertvolle an Fehlern: Sie sorgen für Veränderung, für Wachstum. Würde niemand Fehler machen, wäre die Welt ziemlich still. Doch das sehen Menschen, die als Kinder stark kritisiert wurden, anders, schließlich wurden Fehler in ihrer Kindheit nicht als natürlicher, fast schon erwünschter, Teil des Prozesses betrachtet, sondern als Schwäche, als unbedingt zu vermeidendes rotes Tuch. Wenn Fehler als Versagen behandelt werden, schürt das eine immense Angst – die paralysieren kann.

Das kann zu der Neigung führen, neue Dinge lieber gar nicht erst auszuprobieren – schließlich sind wir gerade in der Anfangszeit, wenn wir ein neues Hobby angehen, “fehleranfällig”. Ein ungesundes Verhaltensmuster, in dem Perfektion das oberste Ziel zu sein scheint – und letztlich nur zum absoluten Stillstand führt.

2. Du kannst Zuneigung nur sehr schwer annehmen

Du trägst deine Lieblingsohrringe, du magst die Farbe, die Form und wie sie an dir aussehen – doch wenn dich jemand darauf anspricht, dir vielleicht sogar ein Kompliment dafür macht, winkst du ab: “Ach, die alten Dinger? Die habe ich in einer Schublade gefunden.” Das Kompliment, die liebgemeinten Worte, prallen komplett an dir ab – womöglich, weil sie an keine Bedingung geknüpft waren? Du hast schließlich nichts geleistet, um das Kompliment “verdient” zu haben. Vielleicht bist du es auch schlicht nicht gewohnt, nette Worte zu hören, weil so etwas in deinem Elternhaus eine Seltenheit war und du nie wirklich gelernt hast, mit solchen Freundlichkeiten umzugehen.

Hierbei kann es hilfreich sein, sich selbst regelmäßig nette Worte auf den Weg zu geben: Du kannst dich loben für Aufgaben, die du gut bewältigt hast, dir selbst Komplimente für dein Outfit geben … Kurzum: Behandle dich, wie du einen Menschen behandeln würdest, der dir sehr wichtig ist.

3. Auf Kritik reagierst du sehr sensibel

Kritik wie Fehler sind erst einmal vor allem eins: nichts per se Schlechtes. Beides gibt die Chance auf Veränderung, auf einen (im besten Fall positiven) Wandel. Doch wer mit ständiger und harscher Kritik aufwuchs, sieht das vielleicht anders. Dann fühlt sich jeder Kommentar an wie ein persönlicher Angriff, verletzt zutiefst und kann im schlimmsten Fall sogar Beziehungen auseinanderbringen.

Es mag sein, dass dich Kritik in deine Kindheit zurückversetzt, in der du den Worten hilf- und schutzlos ausgeliefert warst und sie dir wie die unumstößliche Realität vorkamen – warum sollte ein Elternteil auch nicht die Wahrheit sagen? Doch wir sind keine Kinder mehr. Und wir müssen Kritik auch nicht so nah an uns heranlassen. Zunächst einmal kann es hilfreich sein, sich zu fragen: Ist die Kritik denn überhaupt berechtigt? Hilfreich? Gibt sie dir die Chance, dich weiterzuentwickeln? Wir müssen nicht jede Kritik annehmen, manchmal hilft schon eine kurze Analyse, um objektiver zu entscheiden, ob es sich bei den Anmerkungen wirklich um eine Chance für Wachstum handelt – oder die Kritik einfach nur unangebracht, hohl und nicht ernstzunehmend ist.

Verwendete Quellen: psych2go.net, sciencedirect.com, tandfonline.com, theswaddle.com

Source: Aktue