Ob wir eher geizig oder großzügig sind, liegt häufig in unseren ersten Lebensjahren begründet. Eine Psychotherapeutin erklärt, was hinter unserem Verhältnis zu Geld steckt.
Was bedeutet Geld für dich? Status, Mittel zum Zweck – oder purer Stress? Wie wir das Thema als Gesamtes sehen, verrät oft mehr über uns, als wir glauben. Denn unsere Beziehung zu Geld hat ihren Ursprung in der frühen Kindheit – und tatsächlich wird sie nicht nur davon geprägt, wie unsere Eltern mit den Finanzen der Familie umgehen.
So eng hängen unsere Finanzen mit unserer Familie zusammen
“Wir beginnen schon sehr früh, unser Verhältnis zu Geld zu entwickeln”, erklärt dazu die britische Finanzpsychologin Vicky Reynal gegenüber dem “Stern”. “Es geht ja nicht nur darum, welchen Umgang mit Geld unsere Eltern uns lehren – oder das in vielen Fällen eben leider nicht tun. Es ist vielmehr ein sehr komplexes Geflecht von Faktoren, die beeinflussen, wer wir später werden, wie wir uns selbst und die Welt sehen.”
Sie erläutert das weiter mit einem Beispiel: “Menschen, deren Eltern sehr beschäftigt und viel abwesend waren – physisch, aber auch emotional –, wuchsen mit dem Gefühl auf, nicht gut genug zu sein. Sie glauben, Aufmerksamkeit nicht verdient zu haben. Als Erwachsene haben sie Schuldgefühle, wenn sie Geld für sich selbst ausgeben, sich etwas gönnen. Sie sind überzeugt davon, schöne Dinge nicht zu verdienen.”
Laut Psychologin: Wie unsere Kindheit unsere Beziehung zu Geld prägt
Das heißt, wie unsere Eltern uns behandeln und wie viel Sicherheit und Präsenz von ihnen wir in der Kindheit erfahren, hat nicht nur Einfluss auf unsere Psyche und unser mentales Wohlbefinden, sondern auch darauf, wie wir als Erwachsene Geld betrachten und damit umgehen.
Andersherum würden Menschen, die als Kinder zu viel Aufmerksamkeit erhielten und vergöttert wurden, mit einer unrealistischen Anspruchshaltung durchs Leben gehen, die sich auch finanziell niederschlagen kann. “Sie versuchen, sich die Anerkennung zu ‘erkaufen’, mit der sie aufgewachsen sind und die ihnen die Erwachsenenwelt nicht zollt. Oft geben sie zu viel Geld aus in der Hoffnung, auf diese Weise Neid und Bewunderung zu ernten.”
Auch wenn der Begriff Helikopter-Eltern umstritten ist, kann das damit in Verbindung gebrachte Verhalten laut der Expertin durchaus beeinflussen, wie wir später auf Geld blicken. Und zwar sowohl allgemein auf den Wert und die Funktion des Geldes als auch speziell auf das, was uns monetär vermeintlich “zusteht”. So oder so hängt Geld viel stärker mit unseren Emotionen zusammen, als wir häufig glauben – ein wichtiger Grund, warum Vicky Reynal als “Finanz-Psychotherapeutin” so erfolgreich ist.
Was Gefühle mit Geld zu tun haben
Vor allem Schuld und Scham spielen in der Praxis der Britin oft eine große Rolle. “Schuldgefühle sind leichter zu verarbeiten als Scham, denn bei der Schuld geht es um etwas, das wir getan haben. Bei der Scham dagegen geht es darum, wer wir sind.” Wer seinen Selbstwert über sein Vermögen definiere, für den seien Verluste verheerend, weil für diese Menschen mit dem Geld auch die Selbstachtung schwinde, erklärt Reynal.
Auch andere Emotionen aus unserer Kindheit können unser Verhältnis zu Geld als Erwachsene beeinflussen. So berichtet Vicky Reynal von einer Patientin, die als Kind von einem Elternteil verlassen wurde – und die ihre spätere Vorliebe für teure Designerhandtaschen mithilfe der Therapie auf genau dieses Gefühl zurückführen kann. Denn die Taschen seien doch “von guter Qualität, sie würden ihr “ewig bleiben”. Und sie wisse schließlich, wie es ist, etwas zu verlieren.
Wenn auch nicht bei allen womöglich eine Psychotherapie notwendig ist, um das eigene Verhältnis zu Geld zu beleuchten, kann es doch spannend sein, zu hinterfragen, was hinter bestimmten Tendenzen steckt. Manche von uns neigen vielleicht dazu, sich regelmäßig mit etwas Schönem zu “belohnen”, wenn sie etwas erreicht haben, oder sich damit “aufzuheitern”, wenn sie gerade eine schwierige Zeit erleben. Andere geben ständig mehr Geld aus, als sie haben, während wieder andere finanziell sehr zurückhaltend sind und nur ruhig schlafen können, wenn sie eine große Summe auf der hohen Kante haben. All diese Dinge sind laut Vicky Reynal in der Regel in unserer Kindheit begründet – und deshalb tief in uns verankert.
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