Psychologie: Was ich aus meinen verlorenen Freundschaften gelernt habe

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Genau wie aus zerbrochenen Beziehungen können wir auch von Freund:innen etwas lernen, die wir verloren haben – oder die wir bewusst haben ziehen lassen. Ein Erfahrungsbericht.

Manchmal passt es zwischen zwei Menschen nicht mehr, wie eine Hose, die plötzlich zwickt, obwohl sie sich doch früher wie eine zweite Haut angefühlt hat. Man spürt, dass die Gespräche mit der Freundin immer wieder ins Stocken geraten oder dass man sie und ihr Leben einfach nicht mehr so richtig versteht. Oder für eine Person ist die Freundschaft nach wie vor wichtig, aber für die andere haben sich die Prioritäten verändert. Was auch immer dahintersteckt, die Erkenntnis bleibt: Auch Freundschaften enden. Das ist für viele von uns irritierend, haben wir doch – vor allem in jungen Jahren – häufig das Bild im Kopf, dass Liebesbeziehungen zwar vorübergehen mögen, Freund:innen aber für immer bleiben.

Dass die Realität oft anders aussieht, habe ich schon am eigenen Leib erfahren müssen. Ich habe das große Glück, viele wunderbare Freundinnen und Freunde zu haben, einige schon mehr als 30 Jahre, andere erst seit Kurzem. Andere Menschen habe ich im Laufe meines Lebens gehen lassen müssen, in einigen Situationen war es meine bewusste Entscheidung, in anderen die meines Gegenübers – und manchmal hat es sich ganz einfach so ergeben.

Manche dieser Momente waren sehr schmerzhaft und sind es teilweise heute, viele Jahre später, immer noch. Andere Entwicklungen haben sich sehr natürlich angefühlt und sind ohne große Verletzungen vonstattengegangen. Aber egal, wer die Entscheidung letztlich getroffen hat oder wie schwer der Verlust wiegt: Lernen konnte ich aus all diesen Situationen etwas.

Was ich aus meinen verlorenen Freundschaften gelernt habe

1. Ich muss nicht mit jemandem befreundet sein, den ich nicht (mehr) mag

Du liest diesen Satz und denkst nun vielleicht: Hä, natürlich bin ich nicht mit Menschen befreundet, die ich doof finde. Aber ganz so einfach ist es gar nicht. Denn gerade bei sehr alten Freundschaften, Menschen, die schon lange in unserem Leben sind und mit denen wir viel teilen, kommt es uns oft gar nicht in den Sinn, uns zu fragen, ob wir und diese Person heute noch zusammenpassen.

Wir Menschen entwickeln uns stetig weiter. Manchmal passieren diese Veränderungen mit solchen alten Freund:innen gemeinsam, manchmal driften wir in unterschiedliche Richtungen – und hin und wieder können wir sogar wieder zueinanderfinden, nachdem wir uns verloren haben. Aber wenn das nicht der Fall ist, ist es vollkommen legitim und sogar wichtig, sich einzugestehen, wenn wir und diese Person einfach nicht mehr zusammenpassen. Wenn wir sie vielleicht heute sogar gar nicht mal mehr sympathisch finden.

Denn egal, wie viel Spaß wir früher miteinander hatten, wie viel gemeinsame Vergangenheit wir teilen, wenn wir mit dem Menschen, der unsere Freundin oder unser Freund heute ist, nichts anfangen können, dann ist es okay, sie oder ihn ziehen zu lassen. Es gibt keine Pflicht, Zeit mit einem Menschen zu verbringen, nur weil wir 13 Jahre zusammen in der Schule waren oder andere wichtige Erlebnisse gemein haben.

Ich habe lange gebraucht, mir selbst die Erlaubnis zu geben, nicht mit Personen befreundet sein zu müssen, mit denen ich schlicht und einfach nicht mehr auf einer Wellenlänge bin. Diese Erlaubnis ist aber unglaublich wichtig. Denn die Gesellschaft von Menschen, von denen wir uns nicht verstanden fühlen, können wir als viel einsamer empfinden als Alleinsein.

2. Freundschaftskummer kann genauso schmerzen wie Liebeskummer

Freundinnen oder Freunde zu verlieren, kann sich mindestens so schlimm anfühlen wie eine zerbrechende Partnerschaft. Und der Schmerz kann genauso langwierig sein. Wir unterschätzen häufig, dass wir für eine gute Freundin auch Gefühle haben – auch wenn die anders aussehen mögen als die romantischen Emotionen für unsere:n Partner:in. Aber wenn diese freundschaftlichen Gefühle verletzt werden oder die Person plötzlich aus unserem Leben verschwindet, kann das ebenso wehtun wie klassischer Liebeskummer.

An dem Ende einer Freundschaft vor einigen Jahren, das sich aber, wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, im Verhalten meiner Freundin schon lange vorher schleichend angekündigt hat, habe ich heute noch zu knabbern. Es tut noch weh, und ich vermisse sie manchmal immer noch, einfach weil wir uns lange kannten, uns sehr nahestanden und viel geteilt haben.

Anfangs ist es mir alles andere als leicht gefallen, diesen Schmerz zuzulassen und zu akzeptieren, dass das Ende dieser Freundschaft mich doch mehr trifft, als ich gedacht hätte. Aber wie es ja meistens ist, hat alleine das bewusste Annehmen der Trauer schon geholfen, die dunkle Wolke am Gefühlshimmel etwas zu verkleinern.

3. Ich bin wahnsinnig dankbar für die guten Freundschaften in meinem Leben

Wenn eine Freundschaft zerbricht, kann das ein guter Reminder sein, dankbar für die Menschen zu sein, die uns wirklich guttun. Egal, ob sie schon mehrere Jahrzehnte Teil unseres Lebens sind oder erst seit dem vergangenen Sommer. Unsere verlorenen Freundschaften können den Blick auf die Menschen verändern, die uns heute nahestehen. Die Verletzungen und Differenzen aus beendeten Freundschaften highlighten so die positiven Aspekte unserer bestehenden Beziehungen.

So bin ich immer wieder dankbar für meine beste Freundin, die ich schon fast mein ganzes Leben kenne. Dafür, dass wir immer Gemeinsamkeiten gefunden haben, auch wenn unser Leben in einigen Phasen sehr unterschiedlich war. Dafür, dass wir nicht nur befreundet sind, weil wir uns schon so lange kennen, sondern weil wir uns bewusst immer wieder für unsere Freundschaft entschieden haben und uns gemeinsam entwickelt haben. Nicht immer parallel, aber doch so nah beieinander, dass wir wieder zusammengefunden haben. Das Bewusstsein, dass mir genau das mit anderen Menschen eben nicht gelungen ist, lässt mich diese Freundschaft besonders wertschätzen.

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