Verkopft: Probleme mit der Liebe? Dann bist du vielleicht hochintelligent

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Liebe zu empfinden und geliebt zu werden, ist ein menschliches Bedürfnis. Doch gerade für hochintelligente Menschen kann die Suche danach eine immense Herausforderung sein.

Die Suche nach der Liebe kann eine strapazierende Reise und trotz größter Bemühungen lange Zeit erfolglos sein. Was das Ganze – für manche vielleicht überraschenderweise – nicht unbedingt einfacher macht, ist Intelligenz. Grundsätzlich eine sehr geschätzte Eigenschaft, kann sie für romantische Beziehungen manches Mal eine große Herausforderung darstellen. 

Ganz besonders hochintelligente Menschen mit stark ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten und einer analytischen Denkweise kann es schwerfallen, sich auf einem sehr abstrakten Gebiet wie der Liebe und all den Emotionen, die mit ihr einhergehen, zurechtzufinden. Doch wer die oftmals komplexen Gründe versteht, warum manche “Herzensangelegenheiten” schwieriger zu bewerkstelligen sind, hat die Chance, das Liebesleben positiv zu beeinflussen – und vielleicht ja doch die große Liebe zu finden und zu halten.

4 Gründe, warum hochintelligente Menschen es schwer haben, die Liebe zu finden

Besondere Interessen, das Einfordern von emotionaler Reife oder auch der gesellschaftliche Druck von außen: Den intelligenten Menschen mangelt es nicht an Gründen, warum sich die Suche nach der Liebe so schwer anfühlt. Wir stellen einige vor.

Es fehlt ihnen beim Gegenüber an gemeinsamen Interessen 

In seinem Artikel auf “Psychology Today” fasst es Therapeut Dr. Stephen J. Betchen so zusammen: “Wenn zwei Menschen die gleichen oder ähnlichen Interessen haben, ist das Leben als Paar einfacher.” Besser noch wäre, wenn beide gar eine Leidenschaft für ein bestimmtes Gebiet haben, was sie über Jahre miteinander verbindet, so der Wissenschaftler. Das muss nicht einmal etwas Aktives sein: Vor Jahren sei Betchen einem Mann begegnet, der mit seiner Frau seit 50 Jahren ein Haus in den Bergen bewohnte und sich “gesegnet” fühlte – beide teilten ihre Leidenschaft für ihr Zuhause.

Problematisch ist es hingegen, wenn es an gemeinsamen Interessen, Hobbys und Leidenschaften fehlt. Hochintelligente Menschen haben oftmals einzigartige Perspektiven auf das Leben und verfügen über eine große intellektuelle Neugierde. Wundervolle Eigenschaften, doch nicht jeder Mensch teilt sie. Es kann ihnen schwerfallen, Personen zu finden, die ähnliche oder gar gleiche Ansichten wie sie vertreten, oder die sich für ähnliche – teils vielleicht obskure – Dinge interessieren. 

Bedarf an emotionaler Reife

Emotionale Reife meint eine Vielzahl von Eigenschaften: Sie beschreibt eine Person, die genau weiß, wer sie ist. Einen Menschen, der ein Gefühl von “Ruhe im Sturm” ausstrahlt, wie es das Gesundheitsmagazin “Healthline” formuliert. An sie würden wir uns wenden, wenn wir gerade eine schwere Zeit durchleben, weil wir wissen, dass sie mit Stress gesund umgehen können. Sie übernehmen Verantwortung, wenn etwas schiefgeht, und schieben sie nicht von sich auf andere. Sie sind empathisch, ohne sich dabei in den Emotionen ihres Gegenübers zu verlieren und haben keine Angst davor, (vermeintliche) Schwächen zu zeigen.

Wer eine gesunde Beziehung führt, zeigt sich über kurz oder lang von einer emotional sehr verletzlichen Seite. Dieser Tatsache sind sich intelligente Menschen bewusst und nicht selten haben sie auch eine gewisse Erwartungshaltung an den:die Partner:in in Bezug auf die emotionale Reife. Wer möchte schon der anderen Person beibringen müssen, dass emotionale Verletzlichkeit und Offenheit wichtig sind? Doch auf für die andere Seite ist es mit einer hochintelligenten Person als Partner:in alles andere als einfach: Denn gerade diese Art von Mensch hat oftmals eine eher in sich gekehrte Natur, neigt zum Grübeln und zur Überanalyse – hier kann es herausfordernd sein, sich überhaupt auf einer emotionalen Ebene zu treffen.

Der Wunsch nach intellektueller Stimulation

Nicht jedes Gespräch muss bis in die Tiefen des Marianengrabens gehen – doch wie eine Studie zeigt, gedeihen intelligente Menschen am besten, wenn sie sich austauschen können und intellektuell stimuliert werden. Das führt im Umkehrschluss dazu, dass sie leiden, wenn sie sich intellektuell von ihrem:ihrer Partner:in nicht befriedigt fühlen. 

Wir neigen dazu, Beziehungspartner:innen zu suchen, mit denen wir uns in puncto Intellekt auf einer Ebene fühlen. Das Problem für besonders intelligente Menschen ist dann, eine Person zu finden, die ihnen “das Wasser reichen kann”. Was die Suche nur noch erschwert, ist, dass für die Liebe (oder auch schon das bloße Interesse und die Chance auf eine Beziehung) natürlich noch andere Eigenschaften von Bedeutung sind. Eine Kombination aus alldem ist nicht einfach zu finden.

Der gesellschaftliche Druck lastet auf ihnen

In unserer Kultur sei es normal, dass sich Menschen nach romantischer Liebe sehnen und dieser Form der Zuneigung eine vorrangige Bedeutung geben – neben beispielsweise der Liebe zu Freund:innen, Familie, zu sich, zur Welt, Gemeinschaft und den Haustieren –, erklärt Psychotherapeutin Dr. Meg-John Barker im Interview mit “BBC”. Auf die ein oder andere Weise seien wir alle von “Amatonormativität” betroffen, also der gesellschaftlichen Vorstellung, dass sich jeder Mensch eine romantische Beziehung oder gar Ehe wünschen würde.

Doch manche Menschen passen eben nicht in dieses Muster, wie beispielsweise Aromantiker:innen, die keine romantische Anziehung empfinden oder eben Personen, die andere Arten von oder viele Beziehungen bevorzugen (wie zum Beispiel polyamore Menschen). “Für sie ist es schwierig, weil die Welt um sie herum davon ausgeht, dass sie nur eine Art von Liebe wollen, und sie möglicherweise diskriminiert oder ihnen das Gefühl gibt, seltsam oder isoliert zu sein, weil sie ‘anders’ sind”, erklärt Dr. Barker.

Hochintelligente Menschen sind sich der Normen unserer Gesellschaft sehr deutlich bewusst – und auch der Tatsache, dass sie ihnen unter Umständen nicht entsprechen. Oftmals ist ihnen in der Theorie klar, dass äußere Einflüsse wie Familie, Freund:innen, die sozialen Netzwerke und andere Medien letztlich nur das sind: äußere Einflüsse.

Doch das hilft ihnen selten dabei, das Gefühl der Unzulänglichkeit abzulegen, dass sie haben, weil sie bestimmte gesellschaftliche Normen nicht erfüllen – schließlich werden sie nahezu täglich daran erinnert, dass sie etwas “falsch” machen. Das führt zu einem unheimlichen Druck, jemanden zu finden – was eine ohnehin schon sehr große Herausforderung nur noch schwerer macht und die Suche nach der Liebe zu einem reinen Stress verkommen lässt. 

Hierbei kann es hilfreich sein, sich zu vergegenwärtigen, dass soziale Normen mehr oder minder willkürlich gesetzt und wandelbar sind. Wir müssen niemandem etwas beweisen und schon gar nicht Beziehungen eingehen, weil die Gesellschaft das von uns erwartet. Es ist sicherlich hilfreich, mögliche Gründe zu kennen, weswegen die Suche nach einem:einer Partner:in herausfordernd ist – doch letzten Endes wird kein Mensch uns je so erfüllen können wie wir uns selbst. Und so ist es auch an uns, positive Veränderung in unserem Leben anzugehen – wozu möglicherweise, aber eben nicht zwingend, eine Beziehung gehört.

Verwendete Quellen: psych2go.net, psychologytoday.com, healthline.com, pubmed.ncbi.nlm.nih.gov, queer-lexikon.net

Source: Aktue