Kannst du?: Wenn du das zugeben kannst, bist du insgeheim glücklicher als andere

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Sich selbst und anderen Menschen einzugestehen, was wir nicht können, kann Überwindung kosten. Doch was verrät es über uns, wenn uns dieses Eingeständnis leicht fällt? Warum unsere Autorin glaubt, es könnte ein Zeichen von Zufriedenheit sein.

Sind wir unglücklich, ist das für uns in der Regel schwerer zu übersehen – oder zu ignorieren –, als wenn alles in Ordnung ist und wir mit uns und unserem Leben zufrieden sind. Das ist praktisch: Unzufriedenheit beeinträchtigt unseren mentalen Energiehaushalt und unsere Leistungsfähigkeit. Negative Gefühle beanspruchen unter anderem unseren präfrontalen Cortex, der in unserem Gehirn als Hauptsitz unserer analytischen Aktivitäten gilt (Hauptsitz wohlgemerkt, nicht Alleinverantwortlicher). Sind wir unzufrieden, sind wir also nicht gerade auf unserer Höhe. Das zu bemerken, ist hilfreich, weil wir dann im Idealfall etwas ändern können, um uns wieder in die Lage zu versetzen, Säbelzahntiger zu überlisten, Götter zu erfinden oder einen internationalen TikTok-Trend in Gang zu setzen. Im Extremfall kann Unzufriedenheit sogar lebensbedrohlich oder mindestens gesundheitsgefährdend sein. 

Ist hingegen alles okay in unserem Leben und wir sind glücklich, ist es üblicherweise nicht so wichtig, dass wir das ständig bemerken – weil wir lediglich weiterleben müssen, wie wir es sowieso tun. Deshalb kann sich Zufriedenheit manchmal in kleinen, unscheinbaren Dingen zeigen. Zum Beispiel darin, wie wir unsere Unfähigkeit und unsere Schwächen betrachten.

Warum es schwer sein kann, zu akzeptieren, wenn wir etwas nicht können

Es ist nicht selbstverständlich, dass es uns leichtfällt, zu akzeptieren, was wir nicht können. Es führt uns unsere Grenzen vor Augen, wir blicken auf das, was uns limitiert und unsere Freiheit beschränkt. Wenn wir dann noch andere Menschen sehen, denen es anscheinend oder scheinbar leicht fällt, was uns einfach nicht gelingen will und möglich ist, kann es einen Widerwillen in uns auslösen, das anzuerkennen – vor allem ohne Relativierungen wie “dafür kann ich aber …” oder “das liegt ja nur daran, dass …”. Solche Relativierungen mögen zwar wahr und angebracht sein und uns mit unserer höchst lückenhaften Allmächtigkeit versöhnen. Bedingungslose Akzeptanz jedoch braucht keine Ausflüchte und Erklärungen. Dafür kann sie ein Ausdruck echter Zufriedenheit und Glück sein. 

Wenn Menschen gegenüber sich selbst und anderen Personen offen dazu stehen, was sie nicht können – ohne es weiter einzuordnen und zu erklären –, zeigen sie damit, dass sie ihre Grenzen anerkennen und damit im Reinen sind. “Ich kann nicht jedes Jahr in den Urlaub fliegen.” “Ich kann mich nicht vor eine Kamera stellen.” “Ich kann mich nicht zwei Abende hintereinander verabreden.” “Ich kann nicht jedes Wochenende nur für meine Kinder da sein.” “Ich kann nicht multi-tasken.” Sie brauchen und wollen nicht mehr, sondern können innerhalb ihrer Fähig- und Möglichkeiten fühlen, es ist genug. Sie sind genug. So klein und unscheinbar dieses Gefühl wirken mag: Viele Menschen, die es nicht kennen und haben, sehnen sich danach – und reden sich zum Ausgleich ein, dass sie theoretisch alles können. 

Alles nicht so einfach

Damit an dieser Stelle nicht der Eindruck entsteht, dass hier irgendetwas einfach wäre: Akzeptieren wir, was wir nicht können, muss das nicht immer heißen, dass wir glücklich sind, und mit den eigenen Grenzen zu hadern, ist keineswegs ein zuverlässiges Zeichen von Unzufriedenheit. Schließlich sind wir als Menschen dazu in der Lage, zu lernen, Fähigkeiten zu entwickeln und auszubauen – und so kann es uns in vielen Fällen motivieren, zu wachsen, wenn wir sehen, dass wir etwas nicht können, und wenn wir uns dann weigern, es anzuerkennen. Führt uns unsere Motivation jedoch in einen Kampf und formiert sich zur Verbissenheit, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir eine Grenze überschritten haben, die wir besser lernen, zu akzeptieren. 

Source: Aktue