Mental Load: Was hilft gegen die unsichtbare Last?

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Mental Load bezieht sich auf die unsichtbare Arbeit, der viele von uns täglich nachgehen. Wie man die Herausforderung anspricht und sich besser als Lebensgemeinschaft aufteilen kann. 

Fühlst du dich manchmal erschöpft von der schieren Anzahl der Aufgaben, die du zu bewältigen hast? Nach einem vollen Arbeitstag musst du noch Zeit für Hausarbeit, Sport, die Planung von Mahlzeiten, den Einkauf von Lebensmitteln, soziale Aktivitäten und vieles mehr finden? Die Anforderungen des täglichen Lebens können schon anstrengend genug sein, wenn wir nur an uns selbst denken müssen. Wenn dann noch der Partner, die Partnerin oder Kinder hinzukommen, können wir uns schnell von der Last überwältigt fühlen. Selbst in den fortschrittlichsten Haushalten, in denen sich die Paare die Hausarbeit ziemlich gleichmäßig aufteilen, gibt es immer noch eine Person, die den größten Teil der “Denkarbeit” erledigt – auch bekannt als Mental Load.

Was versteht man unter Mental Load?

Mental Load ist ein Begriff für die unsichtbare Arbeit, die mit der Führung eines Haushalts und einer Familie verbunden ist und Studien zufolge in der Regel auf den Schultern der Frauen lastet.

Ein Bonus, der häufig mit romantischen Lebensgemeinschaften verbunden ist, ist die Arbeitsteilung. Die Partner:innen können sich die Aufgaben aufteilen, um sozusagen die Last zu teilen. Doch wenn ein:e Partner:in den/die andere:n ständig daran erinnern muss, seinen/ihren Teil der Abmachung einzuhalten, Aufgabenlisten für ihn/sie zu erstellen oder einen Hausarbeitsplan zu führen, ist das immer noch Arbeit. Wenn die Last nicht geteilt und das Problem nicht angegangen wird, kann dies zu einem großen Streitpunkt in der Beziehung werden. 

Beispiele für Mental Load

  • Du musst deinen Partner oder deine Partnerin immer um Hilfe bitten und daran erinnern, wichtige Aufgaben zu erledigen.
  • Du verteilst Lob für die Erledigung notwendiger Aufgaben im Haushalt (eigentlich sollte die Ausführung jedoch selbstverständlich sein und kein Lob erfordern).
  • Du allein hast den Überblick über elternbezogene tägliche Tätigkeiten, zum Beispiel Pläne für den Kindergarten, Arzttermin, Spielverabredungen, Fahrgemeinschaften .
  • Du erstellst To-do-Listen, Einkaufszettel und Hausarbeitslisten.
  • Du kümmerst dich um Geburtstagsgeschenke für Kinder, Freunde und Bekannte.
  • Du planst Verabredungen, Urlaube und Besuche bei Familie und Freunden.
  • Dir fehlt die Zeit für Freizeitaktivitäten, während dein Partner oder deine Partnerin Zeit zum Entspannen hat.

Sind nur Frauen vom Mental Load betroffen?

Jede Person kann in einer Beziehung die psychische Last tragen – unabhängig vom Geschlecht. Männer, die in Haushalten mit nur einem Elternteil oder ohne traditionelle Geschlechterrollen aufgewachsen sind, können in ihren Beziehungen als Erwachsene durchaus stärker belastet sein. Die Forschung zeigt jedoch, dass es in der Regel die Frauen sind, die sich überfordert fühlen. Eine 2019 durchgeführte Studie mit 35 heterosexuellen Paaren ergab, dass die Frauen in den Beziehungen dazu neigen, mehr kognitive Arbeit zu übernehmen. Gleichgeschlechtliche Paare hingegen neigen dazu, die Aufgaben im Haushalt gleichmäßiger zu verteilen. Einem Bericht aus dem Jahr 2015 zufolge teilen sie sich die Aufgaben je nach Vorlieben und Arbeitszeiten auf. 

Wie du deinem Gegenüber die psychische Belastung erklären kannst             

Bevor du damit beginnst, Wege zu finden, die psychische Belastung zu teilen, ist es empfehlenswert, darüber zu sprechen. Das ist leichter gesagt als getan. Wähle hierfür einen Zeitpunkt, an dem ihr ungestört und ohne Ablenkung seid. Bereite dein Gegenüber darauf vor, indem du ihn/sie wissen lässt, dass du über etwas Wichtiges sprechen willst. Hier findest du weitere Tipps auf einen Blick:

  • Verwende “Ich”-Botschaften
    Das bedeutet, dass du die Dinge in Bezug auf deine eigenen Gefühle und Erfahrungen formulierst, anstatt der anderen Person die Schuld zu geben. Anstelle von “Du hast mich verletzt” könntest du zum Beispiel sagen: “Ich fühle mich verletzt, wenn du…”.
  • Nenne konkrete Beispiele dafür, wie die mentale Belastung in deinem Leben aussieht
    Was sind einige der mentalen Aufgaben, für die du zuständig bist? Bist du diejenige, die für die Planung von Wochenenden oder Reisen zuständig ist? Delegierst du die Hausarbeiten? 
  • Erkläre, dass du nicht nur die Hausarbeit selbst, sondern auch die Haushaltsführung teilen willst
    Im Kern geht es darum, dass dein:e Partner:in bei den Aufgaben im Haushalt und in der Familie mit anpackt. Du möchtest, dass er/sie die Initiative ergreift und nicht darauf wartet, dass du ihn/sie bittest, etwas zu tun. 
  • Betone, dass es nicht nur darum geht, dass du dir “zu viele Sorgen” machst
    Wenn wir von Mental Load reden, kommt schnell von der anderen Seite zurück, dass wir uns einfach nicht so viele Sorgen machen sollen. Das ist aber nicht der Punkt. Es gibt Dinge im Haushalt, die einfach erledigt werden müssen. Wenn wir uns ständig Gedanken über diese Aufgaben machen, dann deshalb, weil wir wissen, dass diese Aufgaben nicht erledigt werden, wenn wir nicht aktiv danach fragen oder es einfach selbst machen. 

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Was tun gegen Mental Load?

Die psychische Belastung wird vielleicht nie ganz verschwinden – vor allem, wenn ihr Eltern seid und die volle Verantwortung für andere tragt. Es gibt aber Tipps, die dazu beitragen, dass du deine psychische Belastung besser bewältigen kannst.

  • Darüber sprechen: Führt ein ausführliches Gespräch darüber. Und damit ist nicht nur eine beiläufige Erwähnung gemeint. Dein Gegenüber sollte wirklich verstehen, worum es sich bei der psychischen Belastung handelt und wie sie sich auf dich auswirkt. Hierfür eignet sich ein Zwiegespräch
  • Ein neuer Plan: Ausschließlich die körperlichen Aufgaben wie Kochen, Putzen und Kinder ins Bett bringen aufzuteilen, bringt nicht viel. Es ist empfehlenswert, auch die geistigen Aufgaben wie Planen, Delegieren, Terminieren, Erinnern und Bestandsaufnahmen in den täglichen Plan mit einzubauen. 
  • Kontrolle abgeben: Seltsamerweise neigen Frauen dazu, mehr Hausarbeit zu erledigen, wenn sie mit einem Partner zusammenleben, als wenn sie allein leben. Den Forschern dieser Studie zufolge liegt das daran, dass Frauen sich unter Druck gesetzt fühlen, “geschlechtliche” Leistungen zu erbringen, wenn sie mit einem Partner zusammenleben. Das bedeutet, dass ein Teil der psychischen Belastung auch eine Veränderung auf Seiten der Frau erfordert. Du musst deinem Partner vertrauen können, dass er die Dinge gewissenhaft erledigt.
  • Regelmäßiger Austausch: Es braucht Zeit, viele Gespräche und noch mehr Anpassungen, um zu lernen, wie man den Mental Load teilt. Seid geduldig miteinander. Tauscht euch regelmäßig aus, um zu sehen, wie die Dinge laufen, was funktioniert und was nicht und wie es allen Beteiligten damit geht. 
  • Selbstfürsorge: Dir etwas Zeit für dich selbst zu nehmen, ist der beste Weg, um Stress abzubauen und deine geistige Belastung besser zu bewältigen. Versuche, Yoga zu machen, zu meditieren oder einem anderen Hobby nachzugehen, dass dir Spaß macht. Sorge für ausreichend Schlaf und versuche, deinen Körper täglich zu bewegen. Selbst kurze Spaziergänge haben körperliche und geistige Vorteile. Hier findest du weitere Tipps: entspannter werden.

Fazit

Die ganze geistige Last in deinem Haushalt oder deinen Beziehungen zu tragen, kann einen hohen Tribut fordern. Deshalb ist es wichtig, offen darüber zu sprechen, wo du mehr Unterstützung brauchst. Ein offener, ehrlicher Austausch kann viel dazu beitragen, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn sich nach ein oder zwei Gesprächen nicht viel ändert, kann ein nächster Schritt darin bestehen, sich an eine Paartherapie zu wagen. 

Verwendete Quellen: 

Allison Daminger: “The Cognitive Dimension of Household Labor“, journals.sagepub.com, 2019

Kenneth Matos: “Modern Families: Same- and different-sex couples negotiating at home“, cdn.sanity.io, 2015

Amy S. Wharton: “The Sociology of Emotional Labor“, annualreviews.org, 2009

Source: Aktue