Therapieplatz finden: Psychotherapie: Schneller auf die Couch

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Die Plätze sind schon lange rar, der Bedarf so groß wie nie. Wie man trotzdem möglichst rasch zu einem Therapieplatz kommt und worauf es bei der Suche ankommt.

Besser als nur warten

Bis die Therapie beginnt, kann der Austausch mit anderen Betroffenen helfen (Adressen von Selbsthilfegruppen unter nakos.de). Niedrigschwellige Angebote bieten auch lokale Beratungsstellen, etwa die Diakonie oder der Sozialpsychiatrische Dienst. Digitale Beratung bei psychischen Erkrankungen oder in Belastungssituationen leistet bundesweit der Dachverband Gemeindepsychiatrie (obeon.de). Viele Krankenkassen bezahlen außerdem Onlineprogramme.

Es ist ein bisschen wie die Bewerbung auf begehrte Jobs: Nicht selten kassiert man Dutzende Absagen und wartet vergeblich auf Rückrufe. Das allein wäre schon frustrierend genug, aber wer auf der Suche nach einem Therapieplatz ist, befindet sich ja sowieso in einer psychischen Krise, die zusätzlicher emotionaler Stress noch verschärfen kann. 

Durchschnittlich fünf Monate beträgt aktuell die Wartezeit, sie kann aber auch – je nach Region und Erkrankung – deutlich länger sein. Viele Betroffene denken dann, es liege an ihnen selbst, dass sie keinen Therapieplatz finden. Dabei ist es gerade für Kassenpatient:innen alles andere als unkompliziert, bis sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Und so gibt es leider auch kein Geheimrezept, das einen sofort zum Therapieplatz bringt – aber einige Ratschläge, die die Suche beschleunigen oder erleichtern.

Selbst nicht zu lange warten

Wer von leichteren psychischen Problemen betroffen ist, traut sich oft nicht, Hilfe zu suchen. Vielleicht auch aus Sorge, anderen einen Therapieplatz “wegzunehmen”. Dabei wäre es das beste, möglichst früh einzugreifen, bevor sich eine schwere oder chronische psychische Erkrankung entwickelt, die dann deutlich länger behandelt werden muss. Oft beginnen Menschen leider erst dann mit der Suche nach einer Therapeutin, wenn buchstäblich fast nichts mehr geht, sodass daraus erst recht eine Mammutaufgabe wird.

Wichtig: Eine ambulante Behandlung reicht nicht immer aus. Bei akuten Krisen, vor allem bei Suizidalität, sollte man sofort handeln: Über den Rettungsdienst oder die Notaufnahme lässt sich eine Einweisung in eine Klinik veranlassen.

Eine:n Therapeut:in finden

Auch ohne Rezept oder eine Diagnose kann man sich direkt an Psychotherapeut:innen in der Umgebung wenden. Viele Kommunen bieten Datenbanken, die sich auch nach Schwerpunkt und Therapieverfahren sortieren lassen. Adressenlisten gibt es außerdem auf den Seitender Bundestherapeutenkammer (bptk.de), der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung (dptv.de) und des Psychotherapie-Informationsdienstes (psychotherapiesuche.de) und auf Nachfrage auch von der Krankenkasse.

Hilfreich ist es, sich vorher folgende Fragen zu stellen: Was sind meine Anforderungen an eine Psychotherapie? Möchte ich lieber zu einer Therapeutin oder einem Therapeuten? Sollte sie oder er einen Schwerpunkt auf einem bestimmten Gebiet haben? Auch in den eingesetzten Verfahren unterscheiden sich Psychotherapeut*innen. Am besten erstellt man so eine längere Liste möglicher Adressen, denn nicht selten müssen zehn und mehr Praxen kontaktiert werden, um einen Termin zu erhalten.

Termin vereinbaren

Jemand Fremdes anzurufen und dieser Person seine psychischen Beschwerden zu schildern, kostet Überwindung. Unterstützung von Freundinnen oder Familie hilft, die Liste schneller abzutelefonieren. Wichtig: Genaue Notizen, wann welche Adressen kontaktiert wurden, können später beim Kostenerstattungsverfahren helfen. Vereinbart wird immer erst ein Termin für die sogenannte Sprechstunde. Sie dient dazu abzuklären, ob und welcher Therapiebedarf besteht. 

Neben niedergelassenen Therapeut:innen lohnt es sich auch, Ambulanzen von Ausbildungsinstituten zu kontaktieren. Hier behandeln sogenannte PIAs, Psychotherapeut*innen in Ausbildung, die im Rahmen ihrer Ausbildung eine bestimmte Zahl an Patient:innen behandeln. Die Wartezeit bei Ambulanzen ist in der Regel besonders kurz. 

Einen Sprechstundentermin erhält man auch über den Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung (116117.de) innerhalb von einer Woche und muss dann nicht länger als vier Wochen auf den Termin warten. Allerdings kann man so Therapeut:in sowie Datum und Uhrzeit nicht frei wählen und muss eventuell längere Wege in Kauf nehmen.

Alternativen nutzen

Die Sprechstunde ist Voraussetzung für die Behandlung, aber keine Garantie, gleich damit beginnen zu können. Es schließen sich Probesitzungen an, gegebenenfalls bei mehreren Therapeut:innen, und auch danach meist noch eine Wartezeit bis zur eigentlichen Therapie. 

Schneller als eine Einzelbehandlung lässt sich oft eine Gruppentherapie finden, die bei vielen Erkrankungen ähnlich wirksam ist. Auf gruppenplatz.de kann man Adressen mit entsprechenden Angeboten finden.

Wer kein “Kassen”-Therapieangebot findet, für den kommt das sogenannte Kostenerstattungsverfahren infrage. Die Kasse zahlt dann auf Antrag auch eine Behandlung bei Therapeut:innen ohne Kassensitz. Wer diese Abrechnungsart anbietet und welche Voraussetzungen es für eine Kostenübernahme gibt, erfährt man bei der Krankenkasse. Die privaten Therapeut:innen helfen meist gern bei den bürokratischen Hürden. Wer privat versichert ist, hat es meist leichter, eine Therapeutin zu finden, weil man dann insgesamt nicht an eine Kassenzulassung gebunden ist. 

Heftbox Brigitte Standard

Source: Aktue