Psychologie: In welchen Momenten es dir sogar guttun kann, dich verloren zu fühlen

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Der Mensch neigt dazu, alles unter Kontrolle haben zu wollen. Aber leider hat das Leben oft andere Pläne. Und es gibt einige Situationen, in denen es sogar gesund ist und uns guttun kann, wenn wir uns ein wenig verloren fühlen.

Wir alle haben vermutlich schon mal Zeiten erlebt, in denen wir weder ein noch aus wussten. In denen wir keine Ahnung hatten, wie es weitergehen soll und was wir überhaupt wollen. Dieses Gefühl des Verlorenseins ist alles andere als angenehm – gehört aber zum Leben wie Schmerz, Trauer oder Freude und Glück. Und es gibt sogar Phasen und Momente im Leben, da ist es gesund und wichtig, dass wir uns ein wenig verloren fühlen. Denn nur wenn wir spüren, dass es so nicht mehr weitergeht, können wir diese Energie nutzen, um uns zu überlegen, wie wir unser Leben gestalten möchten. Was anders werden soll, was uns wichtig ist und was wir brauchen.

Wann es dir sogar guttun kann, dich verloren zu fühlen

1. Als junger Mensch

Als Teenager und auch in unseren Zwanzigern ändert sich so viel. Wir wachsen erst langsam in den Menschen hinein, der wird einmal werden (wollen), wir lernen uns selbst kennen, machen Fehler, erleben vielleicht zum ersten Mal die Liebe, finden neue Freund:innen und verlieren alte. Es ist nur natürlich, dass wir uns in dieser Lebensphase, in der so viel im Wandel ist, manchmal verloren fühlen. Wir müssen so viele Entscheidungen treffen, die potenziell unser gesamtes Leben beeinflussen, etwa die Wahl unserer Ausbildung oder unseres Studienfachs. Auch das kann uns überfordern und überwältigen.

Aber wenn wir es schaffen, unseren Blickwinkel auf die Situation zu ändern, merken wir, dass es absolut nicht schlimm ist, wenn wir unsicher sind und nicht wissen, wohin die Reise gehen soll. Denn das Schöne ist, dass diese Phase unseres Lebens geprägt ist von einer großen Neugier. “Neugier bringt junge Menschen dazu, Fragen zu stellen, Dinge herauszufinden, zu experimentieren, sich etwas zu trauen und das Neue und Unbekannte zu erkunden”, erklärt der Psychologe Dr. Carl E. Pickhardt gegenüber “Hack Spirit”. Und genau diese Neugier bringt uns dazu, uns Dinge zu trauen und Wege zu gehen, die wir uns in späteren Lebensphasen, in denen wir uns gefestigter fühlen, vielleicht nicht mehr ausprobieren würden.

2. Wenn unser Job nicht (mehr) zu uns passt

Aber letztlich kann uns ein Gefühl des Verlorenseins unser gesamtes Leben immer wieder begleiten. Es kann ein Alarmsignal für uns sein, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass etwas nicht (mehr) zu uns passt – zum Beispiel ein Job. Ob es nun daran liegt, dass eine andere Aufgabe besser zu uns passen würde oder dass der Beruf zwar an sich der richtige ist, aber das Umfeld nicht stimmt. Aber wenn wir das Gefühl haben, uns professionell verloren zu fühlen, unsicher zu sein, was der nächste Schritt für uns sein sollte, könnten versuchen, das positiv zu sehen. Wir könnten dankbar sein dafür, dass wir jederzeit im Leben die Möglichkeit haben, uns neu zu erfinden und etwas anderes zu probieren. Und mutig genau den Schritt gehen, der sich jetzt richtig anfühlt.

3. Während einer Trennung

Ganz ähnlich sieht es in Beziehungen aus. Wenn wir verlassen werden oder selbst das Gefühl haben, dass unsere Partnerschaft uns nicht mehr guttut, kann das schmerzhaft sein und uns so richtig aus der Bahn werfen. Aber wir sollten nicht unterschätzen, welche Chancen sich uns dadurch bieten. Inmitten der Trauer, Wut und dem verlorenen Gefühl können wir vielleicht etwas in uns wiederentdecken, das wir womöglich schon fast vergessen hatten. Werte, die uns wichtig sind, Bedürfnisse, die in der Beziehung zu kurz gekommen sind.

Wenn eine Partnerschaft endet, ist nichts mehr so wie vorher. Unser gesamtes Leben wird auf den Kopf gestellt. Aber genau das ist eben manchmal auch die Chance, wirklich in uns zu gehen und uns zu fragen, ob es nicht vielleicht sogar dringend nötig war, dass unser Leben einmal auf links gedreht wird. Weil wir in unseren Routinen und in unserem Alltag festgefahren waren und nur noch im Autopilot funktioniert haben. Wir fühlen uns verloren – aber so haben wir auch die Chance, uns wirklich zu finden.

Source: Aktue